Aufgewachsen ist Stöckl mit vier Geschwistern am Heuberg im 17. Wiener Bezirk
Aufgewachsen ist Stöckl mit vier Geschwistern am Heuberg im 17. Wiener Bezirk © KK/privat

Ich habe meiner Mutter einmal eine Kassette geschenkt, als es noch Kassetten gab. Das muss zu meiner Radio-Anfangszeit gewesen sein, also vor ungefähr 23 Jahren. Darauf habe ich alle meine vier Geschwister und mich selbst zu unserer Kindheit befragt. Die erste Frage lautete: „Was ist das Bild eurer Kindheit?“ Unisono haben alle geantwortet: „Unser Kinderzimmer“.

Wir sind in einem kleinen Haus, eigentlich einem Gartenhaus, am Heuberg im 17. Wiener Bezirk aufgewachsen. Das Kinderzimmer war sehr klein und schmal, es standen zwei Stockbetten für uns vier Mädchen drinnen und ein Kleiderkasten. Jeden Abend haben wir uns in der Enge dieses Raumes Geschichten erzählt, absolute Fantasiegeschichten. Jeder hatte eine Hauptfigur. Eine hat Waldemar Geschmeidiger geheißen, eine andere Schmutznigel. Das war wunderschön heimelig, unser Einschlafritual. Wenn ich heute daran denke, erzeugt das ein schönes, geborgenes Gefühl. In diesem Zimmer haben wir gelebt, bis ich 13 Jahre alt war.

Heute denke ich oft darüber nach, ob dieses kleine Zimmer eine Verklärung ist. Trotzdem weiß ich noch genau, wie gut sich das angefühlt hat. Das Leben in einer größeren Gemeinschaft habe ich immer als Bereicherung für alle gesehen, zu wissen, dass man zusammengehört.
Uns Eigenverantwortung mitzugeben, war meinen Eltern sehr wichtig.
Das hängt auch mit der Biografie meines Vaters zusammen. Er wollte eigentlich Arzt werden, wie sein Vater, musste aber sein Medizinstudium abbrechen, weil meine älteste Schwester ungeplant war. Meine Eltern haben geheiratet, als meine Mama schon im sechsten Monat schwanger war. Er ist dann Pharmareferent geworden und hat uns mitgegeben, dass man Verantwortung für andere trägt. Dass man mithilft, versucht, etwas aus sich und seinen Talenten zu machen. Bildung war ihm extrem wichtig.

Ein Bild, das ich von meinem Vater habe: Er sitzt am Wochenende zu Hause auf der Couch und liest in einer dicken Schwarte. Erst jetzt hat er mir erzählt, wie er Englisch gelernt hat, das er für seine Arbeit gebraucht hat: Er hat es sich erlesen. Er hat immer gesagt: „Versuch aus deinem Leben etwas zu machen. Aber: Pack es selber an und verlasse dich nicht auf deine Eltern!“ Dass man Verantwortung übernehmen muss, klar. Ich habe auf meinen kleinen Bruder, den „Kleinen Prinzen“, aufpassen müssen, die größeren Schwestern auf uns alle. Es war immer selbstverständlich, zu versuchen, das Beste zu geben, zu den Klassenbesten zu gehören. Ich bin immer total gerne in die Schule gegangen. Ich war, das trägt mich wahrscheinlich beruflich, mit einer ganz großen Neugierde ausgestattet.


Meine Mutter hat immer gesagt: „Du kannst das, du machst das!“ Also, da war immer ganz viel Vertrauen da, dass ich das, was ich mir vornehme, bewältigen kann. Sie war Röntgenassistentin und hat, selbst mit fünf Kindern, immer halbtags weitergearbeitet. Aber sie hat es mit viel Freude bewältigt, das habe ich immer bewundert an ihr – und bis heute ist das Motto, mit dem meine Mutter und ich einander motivieren: „Heiter weiter!“ Und sie ist eine liebevolle, empathische Person und eine gute Zuhörerin. Das aktive, interessierte Zuhören, von dem meine Interviewgäste oft sprechen, wenn sie mir Feedback geben, habe ich von ihr. Sie hat einem stets, zum Beispiel bei Konflikten in Liebesangelegenheiten, die Position des anderen erklärt. Auch wenn man im Moment nicht begeistert davon ist, hat mir das für mein Leben geholfen – zu überlegen, wie es dem anderen geht.

Meiner Mama ist es wichtig, zu wissen, wie es allen geht, und dass sich niemand von uns übernimmt. Ich sage: „Ihr habt uns gelehrt, dass wir anpacken und uns einbringen – so ist das dann auch.“ Wir sind bis heute eine sehr liebevolle und intakte Familie. Jeden Sonntag nach meiner Sendung besuche ich meine Eltern. Sie kochen beide sehr gut und wir besprechen die Woche nach. Das ist unser Ritual.