Die Erziehung folgt einem strikten Plan, der Zufall hat da keinen Platz. Immerhin geht es darum, „das Beste“ aus dem Kind herauszuholen. Das funktioniert mit Kontrolle bis ins kleinste Detail, denn im Leben des Kindes muss alles perfekt sein. Das beginnt am Spielplatz, wo beim Sandburgbauen Mama und Papa eifrig mithelfen, damit der Kleine gleich einmal lernt, wie eine richtige Sandburg auszusehen hat.

Das gilt im Umgang mit anderen Kindern. Die Freunde müssen passen, also werden sie ausgesucht, Hausaufgaben dürfen die Kleinen nur unter Aufsicht erledigen, Fehler bessern Mama und Papa aus. Sie greifen auch ein, wenn es Konflikte gibt – in der Schule, unter Freunden oder im Sportverein.

Was aus Kindern wird, die von sogenannten Helikopter-Eltern erzogen werden, zeigt jetzt eine Studie, die vom amerikanischen Fachverband für Psychologie durchgeführt und in der Zeitschrift Developmental Psychology veröffentlicht wurde.

Demnach haben Kinder, die permanent erzieherisch überwacht werden, später Probleme bei der Kontrolle ihrer Emotionen und ihres Impulsverhaltens. „Kinder mit Helikopter-Eltern sind weniger fähig, mit den Anforderungen des Erwachsenwerdens fertig zu werden“, erklärt Nicole Perry von der Minnesota-Universität, Entwicklungspsychologin und Hauptautorin der Studie.

Eltern führen Kinder ständig

Für ihre Forschung wurden die Erziehung und das Verhalten von 422 Kindern über einen Zeitraum von acht Jahren untersucht. Beobachtet wurde dabei auch, wie stark sich Eltern in das Spielverhalten ihrer Sprösslinge im Kleinkinderalter einmischen. „Helikopter-Eltern führen ihr Kind ständig, indem sie ihm sagen, was es zu spielen hat, wie es mit dem Spielzeug umzugehen hat, wie es nach der Spielzeit aufzuräumen hat, das tun sie äußerst streng und anspruchsvoll“, schildert Perry diese Beobachtungen.

Im Alter von fünf Jahren zeigen übermäßig kontrollierte Kinder, dass sie ihre Gefühle und ihr Benehmen nicht selbst kontrollieren können. Mit zehn Jahren seien schließlich Probleme im sozialen Verhalten auffällig. „Diese Kinder haben Schwierigkeiten, Freunde zu finden, sind in der Klasse auffälliger und tun sich in der Schule zum Teil schwerer.“

Was Kinder stattdessen brauchen? „Eltern, die sensibel auf ihre Bedürfnisse reagieren und erkennen, wann sie in der Lage sind, eine Situation zu bewältigen, und sie leiten, wenn emotionale Situationen zu schwierig werden“, betont Perry. Diese Ergebnisse unterstreichen für die Psychologin vor allem eines: „Nämlich wie wichtig es ist, dass Eltern die Autonomie von Kindern im Umgang mit emotionalen Herausforderungen unterstützen. Kinder, die die Fähigkeit entwickeln, sich selbst in belastenden Situationen zu beruhigen, gehen auch mit schwierigen Situationen besser um.“

Zu wenig Aufmerksamkeit

Während die einen ihrem Nachwuchs zu viel Fürsorge geben, schenken andere Eltern ihren Kindern oft zu wenig Aufmerksamkeit. Vor allem jene, die selbst viel Zeit mit digitalen Medien oder vor dem Fernseher verbringen, statt sich mit ihrem Nachwuchs zu beschäftigen. Das kann einer Studie zufolge Verhaltensauffälligkeiten bei ihren Kindern fördern.

Missachtete Kinder waren eher frustriert, hyperaktiv, jammerten, schmollten oder reagierten mit Wutanfällen, berichten Forscher im Fachjournal „Pedriatic Research“.

Dabei entsteht ein negativer Kreislauf: Denn viele Eltern reagierten auf auffällige, als anstrengend empfundene Kinder ihrerseits mit noch mehr Medienkonsum. Für die Studie hatten 181 Elternpaare mit Kindern unter fünf Jahren über sechs Monate hinweg online in Fragebögen Auskunft gegeben – zu ihrer eigenen Mediennutzung sowie zur Entwicklung ihrer Kinder.

Digitale Störgeräusche

Das Ergebnis: In fast allen Fällen kam es pro Tag mindestens einmal dazu, dass digitale Geräte der Eltern den Eltern-Kind-Austausch unterbrachen. Sowohl Mütter also auch Väter gaben an, dass mit der Anzahl dieser Unterbrechungen wiederum Verhaltensauffälligkeiten der Kinder sowie elterliche Stressgefühle zunahmen.

Dem Tenor dieser Studie stimmen auch deutsche Expertinnen zu. „Dass Probleme zwischen Eltern und Kindern größer werden, wenn es weniger persönlichen Kontakt gibt und Probleme nicht ausgehandelt werden, ist nicht verwunderlich und schließt an vorliegende Studien an“, betonen Susanne Eggert und Gisela Schubert vom JFF-Institut für Medienpädagogik in München.

Was die beiden raten: „Es ist sinnvoll, in der Familie gemeinsam Regeln zur Nutzung mobiler Medien zu bestimmen, an die sich alle halten – inklusive medienfreier Zeiten.“