
Laut dem Psychotherapeuten Günter Klug kann Vereinsamung lebensbedrohlicher werden als Rauchen, hoher Blutdruck oder Übergewicht. Betroffen sind alle Schichten und Altersgruppen.
Lockdown: Jeder Zweite einsam
Knapp jeder zweite befragte Österreicher (47 Prozent) hat in einer EU-weiten Studie des Unternehmens Kaspersky angegeben, dass er im ersten Lockdown "zumindest gelegentlich Einsamkeit empfunden" hat. Der EU-Schnitt lag bei 52 Prozent. Vor allem die jüngere Generation war besonders stark betroffen. 70 Prozent der Interviewten gaben an, die Digitalisierung habe geholfen, zumindest virtuell in Kontakt zu bleiben. Nur 42 Prozent (EU: 52 Prozent) glauben, dass diese Form der Kommunikation hilft, Einsamkeit zu bekämpfen. Das Bewusstsein für die Problematik ist europaweit unterschiedlich ausgeprägt: In England wurde schon 2018 ein eigenes "Ministerium für Einsamkeit" geschaffen.
Psychischer Stress ist gestiegen
Studien aus dem ersten Shutdown zufolge sei der psychische Stress deutlich gestiegen, die Pandemie habe sich als "Brandbeschleuniger" eines bestehenden Problems erwiesen. Immer breiterer Bevölkerungskreise sind betroffen: Jeder Zweite fühle sich einsam, jeder Vierzehnte trifft nie Freunde, hieß es. Unterstützung für die Psyche und "Wärme für die Seele " wären "wichtiger denn je". Wenn man keinen Ausweg mehr sieht, dann sollte man sich Hilfe holen. Kann man mit Freunden/Eltern nicht reden können, sollte man sich (auch anonym) an Hotlines wenden, denn reden hilft. + Telefonseelsorge, + Rat auf Draht, + Wichtige Informationen für Jugendliche gibt es auch unter www.bittelebe.at + Frauenhelpline, + Männernortruf, Hier finden Sie Hilfe
Tel. 142 (kostenlos, rund um die Uhr).
www.telefonseelsorge.at
Beratung für Kinder und Jugendliche (anonym, kostenlos).
Tel. 147.
www.rataufdraht.at
Entlastung und Stärkung in Akutsituationen.
Tel. 0800 222 555
www.frauenhelpline.at
österreichweit, hilft bei persönlichen, partnerschaftlichen, familiären Krisen und Konflikten. Tel. 0800 246 247.
www.maennernotruf.at
Tipps gegen Einsamkeit
- Strukturieren Sie Ihren Tag, denn Struktur gibt Orientierung und Halt. Stehen Sie zu regelmäßigen Zeiten auf, damit der Tag- und Nacht-Rhythmus nicht aus dem Takt gerät. Achten Sie auch auf gesunde Ernährung.
- Planen Sie schöne Dinge in Ihren Tag ein, die Ihnen Freude machen.
- Bewegen Sie sich - am besten im Freien. Sollte das aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sein, dann drinnen. Bewegung bringt auch das Gemüt in Schwung.
- Pflegen Sie Kontakte. Überwinden Sie sich und melden Sie sich bei jenen, die Ihnen am Herzen liegen. Sie werden überrascht sein, wie groß die Freude beim Gegenüber ist.
- Treten Sie Organisationen wie Nachbarschaftshilfen bei, engagieren Sie sich.
- Besonders wichtig! Sprechen Sie über Ihre Einsamkeit, das entlastet. Suchen Sie professionelle Hilfe.
- Hilfe anzunehmen, ist der erste Schritt zur Selbsthilfe.
Chronisch Kranke
Vor allem Personen mit chronischen Erkrankungen, psychisch belastete bzw. erkrankte Personen, Ältere und unfreiwillig Alleinlebende leiden besonders, so Hörmanseder. Neu sei der Umstand, dass nun auch deutlich breitere Kreise betroffen sind. Dazu zählen Menschen, die mitten im Leben zu stehen scheinen, verstärkt betroffen sind Alleinerzieherinnen. Auch monatelanges Homeoffice oder Pensionierung kann das Problem drastisch verschärfen.
Ein Drittel der Jugendlichen und deren Eltern hatten während des Lockdowns einen deutlichen Anstieg von Stress. Beim Nachwuchs stand dies in direktem Zusammenhang mit der Zeitdauer, die sie zu Hause verbrachten, ob sie finanzielle Probleme hatten und ob sie in der Lage waren, negative Gefühle für sich selbst zu regulieren.
Menschen brauchen Sicherheit
Betroffene bräuchten "finanzielle, humane und soziale" Sicherheit. Von der Regierung forderten die Experten ein "klares, verständliches und nachvollziehbares Vorgehen mit guten Erklärungen", eine Stabilisierung des Arbeitsmarktes, frühzeitige und effiziente Unterstützung auch bei psychischen und sozialen Problemen und konkrete Projekte gegen Einsamkeit und Stress auf breiter Ebene.
Österreich habe noch "viele Baustellen in der psychosozialen Versorgung", dieser Bereich müsse "dringend gestärkt" werden. Der psychosoziale Bereich dürfe auch nach der Pandemie bei Sparpaketen nicht unter die Räder kommen, appellierte Klug.
Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass heute die Hälfte der Bevölkerung in Städten in Einzelhaushalten oder als Alleinerzieher lebt, geraten viele in unfreiwillige Isolation. Oft helfe ein strukturierter Tagesablauf und soziales Engagement, meist auch Vernetzung und nicht zuletzt Bewegung. Im Blog auf www.erstehilfefuerdieseele.at kann man sich Tipps und Anregungen holen, mitmachen, sich austauschen und Experten- und Erfahrungsberichte abrufen.
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