"Gegessen wird daheim!“

Der elterliche Imperativ, der vielen Ohren noch allzu gut aus Kindheitstagen vertraut ist, zieht heutzutage nicht mehr. „Wir erleben eine massive Verschiebung hin zum Außer-Haus-Konsum“, sagt Johannes Mayr. Der Marktforscher begleitet nicht nur seit mehr als 20 Jahren die „RollAMA“, bei der 2800 heimische Haushalte ihre Lebensmitteleinkäufe exakt aufzeichnen, sondern wirft mit dem „Mahlzeit-Monitor“ auch ein Auge darauf, was wir wann wo essen. Wie sich das alles verändert hat, lesen Sie in folgenden Thesen.

1. Essen außer Haus. Weil die Österreicher immer öfter außer Haus essen, gehen sie auch seltener im Supermarkt einkaufen. Laut Mayrs Mahlzeit-Monitor werden in Österreich bereits 1,3 Milliarden Mahlzeiten im Jahr außer Haus eingenommen. „Da ist vom Restaurantbesuch, der in erster Linie abends geschieht, über die Mittagskantine bis zur Baustellenjause alles dabei.“ Im Gegenzug sank seit 2008 die Zahl der Supermarkt-Einkäufe pro Haushalt und Jahr von 145 auf nunmehr 128. Aber auch die eingekaufte Menge an Lebensmitteln ist seit 2003 um 13 Prozent gesunken.

2. Jausenpakete. „Das heißt aber nicht, dass nur die Gastronomie profitiert, wenn nicht mehr so oft zu Hause gekocht wird“, sagt Mayr. Einen Teil habe der Handel abfedern können, „indem er durch neue Produkte beim Außer-Haus-Verzehr mitnascht“. Das reiche von fertigen Jausenpaketen über Mikrowellen-Menüs bis hin zu Mixsalaten inklusive vorgemischten Dressings. Womit wir beim dritten Megatrend wären:

3. Convenience. Convenience, also der Kauf von vorbereiteten, vorgekochten oder in Mahlzeitenportionen abgepackten Lebensmitteln, die sich im Selbstbedienungsregal befinden, „bleibt der wichtigste Konsumtrend dieser Jahre“, erklärt der Marktforscher. So hat sich zum Beispiel der Anteil an Salaten, die bereits gewaschen und geschnitten gekauft werden, in zehn Jahren von 12 auf 31 Prozent fast verdreifacht. Und wurde 2003 noch die Hälfte von Wurst, Schinken und Käse in Bedienung gekauft, so werden mittlerweile drei Viertel dieser Ware geschnitten und abgepackt aus dem Selbstbedienungsregal genommen.

4. Keine Abkehr von Plastik. Logische Folge des Convenience-Trends: mehr Plastikmüll. Der zuletzt viel beschworene „Plastikfrei“-Trend sei anhand der Zahlen der RollAMA „noch überhaupt nicht abzulesen“, erklärt Mayr, „weshalb man davon ausgehen muss, dass das Gelöbnis, weniger Plastik zu kaufen, bei vielen Konsumenten nicht mehr ist als ein Lippenbekenntnis.“

5. Fleischesser. Ebenfalls überraschend angesichts des zuletzt häufig kolportierten Vegetarier- und Veganer-Booms: Der Anteil jener Österreicher, die sich selbst als Fleischesser bezeichnen, ist mit aktuell 78 Prozent annähernd gleichgeblieben (2012 waren es 81 Prozent). Vier Prozent bezeichnen sich aktuell als Vegetarier, zwei Prozent als Veganer. Seit 2005 um 20 Prozent gesunken ist indes die Fleischmenge, die im Supermarkt gekauft wird. Woraus sich schließen lässt: Die meisten Österreicher essen weiterhin Fleisch, aber weniger oft. Dies lässt sich laut Mayr und RollAMA-Studienleiterin Micaela Schantl durch eine weitere These untermauern.

6. Wertvolle Lebensmittel. Und zwar jener, dass günstiges Fleisch zwar weiter ein Massensegment ist, „aber bei Premiummarken das Wachstum zuletzt deutlich stärker ausfiel“, so Mayr. Das betreffe vor allem den Rindfleischbereich, da steige laut Schantl „die Bereitschaft, dieses wertvolle Lebensmittel auch zu höheren Preisen zu kaufen“. Die große Herausforderung sei nun, diesen Weg auch bei Schweinefleisch zu schaffen, das seine dominante Stellung in den letzten Jahren (Grafik unten) zugunsten von Rind- und Hühnerfleisch eingebüßt hat.

7. In Aktion. Trotz Premium-Trend bleiben Aktionen wegen der hohen Handelskonzentration (Rewe, Spar und Hofer teilen sich 88 Prozent des Marktes) auch weiterhin ein großes Thema, ist Mayr überzeugt. „Allerdings zeigt sich, dass das günstigste Preissegment bei Aktionen immer häufiger ausgenommen ist.“

Für Produzenten sieht Mayr jedenfalls auch künftig „einen Markt voller Chancen“ – obwohl der Anteil des Haushaltseinkommens, der für Lebensmittel ausgegeben wird, von 45 Prozent in den 50er-Jahren auf nunmehr 11,8 Prozent gesunken ist. „Aber dafür ist umso mehr Kaufkraft da.“ Wenn man also ein Produkt anbieten könne, das die Menschen anspreche, sei der Preis zweitrangig. Einkaufen ist halt doch immer eine Bauchentscheidung.