Immer mehr junge Menschen nehmen das Angebot des Freiwilligeneinsatzes im Ausland in Anspruch. Was ist ihr Ansporn?
Geraldine Steiner:
Viele suchen nach Matura oder Lehrabschluss einfach Orientierung. Da ist dieser zeitliche Abstand eine Möglichkeit für sie, aus dem Alltag rauszukommen und herauszufinden, was sie eigentlich einmal machen wollen. Es gibt aber auch, die, die im Berufsleben stehen und merken, dass das, was sie machen, sie nicht mehr erfüllt, und die sich deshalb eine Auszeit nehmen, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Wir haben aber auch immer wieder rüstige Senioren dabei. Bei den Jungen sind relativ viele Burschen dabei. Hier ist oft die Motivation, dass man den Freiwilligeneinsatz im Ausland unter bestimmten Voraussetzungen als Ersatz für den Zivildienst anrechnen lassen kann.

Zu der Motivation der Jungen: Liegt es daran, dass Geld nicht mehr so einen Stellenwert hat wie etwa die Lebenserfahrung?
Ich denke schon. Das hat mit der Entwicklung der Generationen zu tun. Der Generation Y (1980–2000) sagt man oft nach, dass ihr der Gedanke, der Gesellschaft und der Welt etwas zurückzugeben, enorm wichtig ist. Das wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass sie von einer Generation erzogen wurde, der Leistung sehr viel bedeutet hat. Da das Leben ihrer Eltern oft von Arbeit bestimmt war. Die Generation Z (1995–2000 etc.) setzt dagegen eher auf eine ausgewogene Work-Life-Balance. Sie ist relativ realistisch, was das Leben betrifft. Die Jungen sind global und wissen viel darüber, was in der Welt so passiert, wenn ihnen auch vermutlich das Ausmaß mancher Dinge erst vor Ort so richtig klar wird. Zum Beispiel die für unsere Begriffe einfachen Lebensbedingungen. Die Globalisierung wirkt sich auch in diesem Bereich aus. Für diese Generation ist es kein so großer Schritt, längere Zeit im Ausland zu verbringen.

Natürlich werden die Ziele bei den Teilnehmern hoch gesteckt. Inwiefern muss man sie auf den Boden der Tatsachen holen?
Natürlich ist es sinnvoll, sich zu engagieren. Aber wir betonen immer wieder, dass wir keine Missionare entsenden. Diese freiwilligen Einsätze sollen das soziale und kulturelle Lernen fördern. Das bedeutet: Jemand, der einen Freiwilligeneinsatz im Ausland gemacht hat, der soll als Multiplikator, als offener Mensch wieder heimkommen und in der Gesellschaft einfach den Gedanken ,Vor dem Fremden muss man sich nicht fürchten‘ weitertransportieren. Sie haben viele Freiwillige vor und nach ihrem Aufenthalt erlebt. Welche Veränderung findet bei den Freiwilligen statt? Viele reisen mit dem Reifegrad, den man in dem Alter eben hat, ab, und wenn sie zurückkommen, sind sie Erwachsene. Das bedeutet: Wenn man die Möglichkeiten nutzt, kann man auch enorm reifen.