In Folge 2 des neuen Kleine Zeitung-Podcasts „Wein, Wahrheit oder Pflicht“ ist ein Winzer zu Gast, der sich nicht mehr so recht in die klassischen Kategorien einordnen lässt. Naturwein? Alternativwein? Minimal Intervention? „Mir ist eigentlich egal, wie man es nennt“, sagt er. „Ich will einfach Wein machen, so wie ich ihn für richtig halte. Ohne viel Herumdoktern.“
Michael Gangl alias „Kobatl“ im Podcast
Dabei hat bei Michael Gangl alias „Kobatl“ einst einmal alles ganz konventionell begonnen. Nach der Ausbildung ging es für ihn hinaus in die Welt, um Erfahrungen zu sammeln. Unter anderem nach Neuseeland, wo er auf einem der letzten familiengeführten Großbetriebe gelandet ist. „Wir haben dort an Spitzentagen bis zu 350 Tonnen Trauben verarbeitet, am Ende waren es acht bis zehn Millionen Flaschen jährlich.“ Ein Kontrastprogramm zu dem, was er heute tut. Und doch war diese Zeit prägend. „Weinmachen ist überall gleich. Du hast Trauben, du hast Most, du vergärst. Aber was du daraus machst, das ist die Kunst. Und die Verantwortung.“
Als Kobatl schließlich in die Heimat zurückkehrt, trifft ihn die Realität des Weinbusiness hart. „Wein machen war für mich immer das Spannende. Aber verkaufen? Da hab ich am Anfang echt kämpfen müssen. Ich hab mir gedacht: Alter, ich hör gleich wieder auf.“ Er schaut sich ab, was andere machen, probiert, passt an – und merkt irgendwann: „Wenn ich versuche, so zu sein wie die anderen, geht das auf Dauer nicht gut. Ich muss meinen eigenen Zugang finden.“
Und der bedeutet für ihn: Den Wein nicht erziehen. Nicht kontrollieren, sondern begleiten. Möglichst wenig eingreifen, möglichst viel Charakter ins Glas bringen. „Der Wein darf so werden, wie er will. Ich bin nur der, der ihn dorthin bringt.“ In einer Branche, die von Perfektion spricht, setzt er auf Persönlichkeit. Und darauf, dass nicht jeder Jahrgang gleich schmecken muss. „Ich hab auf vielen Betrieben gesehen, wie stark oft eingegriffen wird, um eine gewisse Uniformität zu erreichen. Das will ich nicht.“
Dass das manchmal eine Herausforderung ist – wirtschaftlich wie emotional – verschweigt er nicht. „Natürlich ist es ein Risiko. Viele Konsumenten sind an gewisse Geschmäcker gewohnt. Wenn dein Wein anders schmeckt, musst du auch die Leute finden, die genau das suchen.“ Social Media hilft dabei. „Ich merke schon, dass viele, die keine Zeitung mehr lesen, trotzdem durch Instagram & Co. mitkriegen, was sich in der Szene tut.“ Aber auch so fallen seine Weine auf: Zwei Mal in Folge wurde er bei der Pogusch-Weinkost der Kleinen Zeitung mit dem Titel „Alternativwein des Jahres“ ausgezeichnet. „Natürlich ist das cool, aber einen Verkaufsboom bringt es nicht automatisch. Es ist eher eine Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“ Und dieser Weg ist nach wie vor einer, der sich vom Mainstream abhebt. „Es gibt immer mehr Kollegen, die sehr naturnah arbeiten, aber das gar nicht groß bewerben, weil es für sie selbstverständlich ist. Wie bei Bio vor 25 Jahren: Da haben viele gesagt, das kauf ich sicher nicht. Heute kräht kein Hahn mehr danach. So wird es beim Naturwein auch werden.“
Privat bleibt Michael Gangl entspannt. Große Diskussionen über den perfekten Trinkmoment braucht er nicht. „Manchmal will ich einfach nur ein Glas Wein trinken. Ohne große Geschichten, ohne Fachsimpelei oder teure Gläser.“ In den Pariser Weinbars, wo er gerne unterwegs ist, werden seine Überzeugungen bestätigt: „Die haben dort oft nur kleine, schlichte Kostgläser. Und es funktioniert. Wenn der Wein gut ist, schmeckt er aus jedem Glas.“
Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Und genau das bringt ihn bei einer der drei „Wein, Wahrheit oder Pflicht“-Fragen im Podcast auch ins Strudeln. „Nenne einen Winzer aus der Region, den du überhaupt nicht magst.“ Ein Moment der Stille, gefolgt von einem entwaffnend ehrlichen „Scheiße.“ Denn: „Achso, das darf ich ja nicht sagen, gell? Jeder hört das und kann das hören.“ So ist es! Wer wissen möchte, ob und wie er sich gerettet hat und wie es bei den anderen Fragen lief, hört am besten gleich in die neue Episode rein.