Ein Weingut für einen Film: So lautete die zugegeben luxuriöse Rechnung von Altmeister Francis Ford Coppola. Wenn die Kinder versorgt sind, bleibt entweder der gemütliche Ruhestand oder ein letztes kreatives Aufbäumen ohne Rücksicht auf eine Karriere und kommerzielle Kleingeistigkeit. Also verkaufte der mittlerweile 85-jährige Filmemacher ein Weingut und investierte 120 Millionen in sein Herzensprojekt „Megalopolis“. Es ist seine erste Regiearbeit seit 2011. Die Idee reicht jedoch bereits in die späten 1970er zurück.

Das Epos, das mit dem Zusatz „eine Fabel“ versehen ist, dreht sich um eine moderne Version der „Catilinarischen Verschwörung“ im alten Rom. Die starbesetzten Figuren heißen Cesar Catilina, Cicero, Clodio, Crassus und Vesta, leben aber in einem futuristischen New York. Wie Coppola die Gegenwart mit einer antiken Story in einer dystopischen Zukunft überschreibt, funktioniert als Allegorie erstaunlich gut. Seine Kritik an einer spätmodernen Dekadenz ist offensichtlich. Die Straßenschluchten von New Rome bzw. New York sind kaputt, die sich bewegende Statue der Gerechtigkeit wendet sich mit Grausen von der politischen Show der Mächtigen ab.

Nur der manische Architekt Cesar Catilina (Adam Driver: verrückt wie eh und je) beweist mit seiner Stadterneuerung Energie und Hoffnung. Seine visionäre Figur ist neben Julius Caesar auch von Howard Roark in Ayn Rands „Der ewige Quell“ inspiriert – unheilvolle Parallelen zu ambivalenten Tech-Genies von heute inklusive. Auch seine Fähigkeit, die Zeit anzuhalten, darf dabei getrost rein allegorisch verstanden werden; Science-Fiction-Film ist „Megalopolis“ eigentlich keiner. Julia Cicero, die Tochter des korrupten Bürgermeisters Franklyn Cicero, schlägt sich auf seine Seite – eine von zwei Frauenfiguren in diesem Machtspiel der Männer, verkörpert von Nathalie Emmanuel.

Adam Driver als Cesar in „Megalopolis“
Adam Driver als Cesar in „Megalopolis“ © Constantin

Größenwahnsinnig

Bei der Uraufführung in Cannes war „Megalopolis“ der kontroverseste Beitrag. Die ersten Eindrücke reichten von „visionäres Meisterwerk“ bis zu „absolutes Desaster“. Urteile, die der Reaktion auf seinen mittlerweile als Klassiker gefeierten Film „Apocalypse Now“ ähneln. Die Dringlichkeit des Vietnamkrieges von damals ist diesmal nicht spürbar. Größenwahnsinnig im guten wie im schlechten Sinne ist „Megalopolis“ aber trotzdem – und damit überdurchschnittlich interessant. Und wer weiß, ob sich nicht auch „Megalopolis“ als visionär und meisterhaft erweisen wird. Jedenfalls sieht man dem 85-jährigen Caesar Coppola gern beim Experimentieren zu.

Bewertung: ●●●●○