Österreich wird 2018 vom 34-jährigen Cesar Sampson beim Eurovision Song Contest (ESC) in Lissabon vertreten. Aus Anlass seiner Nominierung durch den ORF sprach die Austria Presseagentur mit dem am 18. August 1983 in Linz geborenen Sänger über seine Pläne, den ESC, das Sympathische an Trash und darüber, wie man mit Anzügen rebelliert.

Herr Sampson, Sind Sie als Künstler familiär vorbelastet?
Cesar Sampson: Meine Eltern sind beide Künstler. Meine Mutter ist Pianistin, hat aber auch lange als Choreografin und Gesangslehrerin gearbeitet. Und mein Vater ist Choreograf und Pilates-Meisterlehrer. Mit künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten aufzuwachsen, war für mich also normal. Ich bin genetisch vorbelastet und sozial geprägt (lacht). Bei mir war deshalb auch alles umgekehrt: Um gegen meinen Künstlerhaushalt zu rebellieren, habe ich in der Pubertät angefangen, Anzüge zu tragen. Das war meine einzige Chance, mich abzuheben (lacht).

War für Sie dennoch klar, dass Sie selbst mit der Musik Ihr Geld verdienen wollen?
Cesar Sampson: Lange war Musik für mich einfach eine Art zu sein, bevor ich ab 17 mit vielen Anfragen konfrontiert war. Irgendwann kam ich dann zu dem Punkt, dass ich mir dachte, dass das nicht alles sein kann. Ein Instinkt hat mir gesagt, dass ich nicht nur cool auf der Bühne stehen möchte.

Sie waren dann auch einige Zeit als Sozialarbeiter tätig?
Cesar Sampson: Ich habe fast sechs Jahre auch als Behindertenbetreuer gearbeitet, nebenher aber immer auch Workshops gegeben und auf Auftrag Lieder geschrieben. Ich wollte etwas ausprobieren, das jemandem etwas bringt außer mir selbst. Und derzeit bin ich für die Urania Event Gastro der Artistic Director. Wir erstellen für 2018 künstlerische Konzepte, um die Urania in Kontakt mit dem jungen Wien zu bringen.

Und als Model sind Sie auch noch aktiv?
Cesar Sampson: Ich bin da in einer Kartei, und hin und wieder tröpfelt etwas ein. Ich bin aber kein besonders gutes Model. Ich kann nicht gut lachen, wenn ich mich nicht danach fühle (lacht).

Im Musikgeschäft selbst haben Sie bis dato auch viel hinter den Kulissen gearbeitet. Es zieht Sie nicht unbändig auf die Bühne?
Cesar Sampson: Ich gehe sehr nach Instinkt. Ich habe und hatte nie einen unglaublichen Geltungsdrang. Ich muss nicht beweisen, dass ich der Hero bin. Der kreative Prozess ist das, was mich am meisten am Musikmachen erfreut. Das Schönste ist, wenn einem die Idee frisch kommt und man sie einfangen will, bevor sie einem aus den Fingern gleitet.

Ist das ein einsames Unterfangen oder sind Sie ein Teamarbeiter?
Cesar Sampson: Ich empfinde mich ganz besonders als Teamplayer. Ich nehme aus der Zusammenarbeit mit anderen unglaublich viel mit und sauge wie ein Schwamm alles auf. Ich habe ja nie ein Soloalbum gemacht, aber am Ende des kreativen Prozesses oft gemerkt, dass etwas entstanden ist, das nicht wirklich auf mich zutrifft, aber den künstlerischen Partner. Ich habe irgendwie einen Instinkt, das aufzunehmen, was die Leute um mich herum fühlen.

Der ESC wird für Sie ja nun kein Neuland werden, waren Sie doch schon die vergangenen zwei Jahre mit an Bord ...
Cesar Sampson: Mein Produzentenkollektiv Symphonics International (wahlweise auch Symphonix International, Anm.) hat viel für den ESC gearbeitet. Einer aus dem Team hat bei Conchita mitgearbeitet, und zuletzt haben wir 2016 mit Bulgarien den 4. Platz und heuer mit Kristian Kostov den 2. Platz erreicht. Ich war da als Vocal Arrangeur beteiligt. Ich wurde 2016 so richtig vom Eurovision-Floh gebissen und habe gemerkt, dass man da alles verwirklichen kann. Ich war ja auch vor Ort und bin 2016 bei Poli Genowa als Supportsänger am Ende auf die Bühne gehupft.

Ihr Lied für Lissabon, das Anfang 2018 präsentiert werden soll, steht schon?
Cesar Sampson: Ich haben das mit Symphonics International geschrieben - aber wir sind ja Perfektionisten und sehen noch Potenzial nach oben. Aber ich fühle mich sehr wohl damit, das jetzt sehr oft zu performen. Ich finde den Bereich zwischen Rock und richtigem herzhaften, tiefen, seelischen Soul sehr spannend. Und es geht in diese Richtung. Es ist eine Mid-Tempo-Nummer, bei der man nicht einschläft. Ich glaube, dass unser Song sehr am Zeitgeist ist. Ich bin ja kein Kaugummipopsänger, sondern habe meine sehr eigene Art. Dadurch kann ich Leute für mich einnehmen, die ein Lied gerne im Auto hören und ebenso jene, die nicht so auf kommerziellen Pop stehen.

Wie beurteilen Sie den ESC allgemein aus musikalischer Sicht?
Cesar Sampson: Musikalisch ist der ESC für mich eine steil nach oben zeigende Aktie - in rasanten Schritten. Es ist ein einzigartiges Konzept, bei dem sich andere Kontinente langsam fragen, warum sie selbst das nicht haben. Man ist auf Augenhöhe mit der zeitgenössischen Musik und der Chartstruktur. Das hat sich nur bei manchen Ländern noch nicht rumgesprochen.

Gehört der Trash für Sie auch zum ESC?
Cesar Sampson: Ich würde den Trash nicht komplett missen wollen. Es soll nicht nur ein kalkulierter Wettbewerb sein, sondern auch der ungehemmte Ausdruck des Individuums. Ich finde es toll, wenn eine Nation sagt: Wir wollen Dich, weil Du ein Freak bist - und zwar ein interessanter.