Man sieht und hört, dass der Musiker Franz Morak auch Schauspieler ist - den zwischenzeitlichen Kulturpolitiker wollen wir ausklammern. Das Konzert, das der 73-Jährige - der in den 80er-Jahren mit seinem bissigen New-Wave-Schizo-Punk durch die Lande und Köpfe fetzte - am Freitag im Dom im Berg gab, war eine dramaturgisch perfekt inszenierte Show. Erst im Vorjahr war Morak nach 25-jähriger Schaffenspause mit dem grandiosen Album "Leben frisst rohes Fleisch" ins Rampenlicht zurückgekehrt.

Mit diesen Songs und Material aus seinen vier inzwischen legendären Alben befindet sich der gebürtige Grazer derzeit auf Tour. Dass ausgerechnet in seiner Heimatstadt nicht mehr Menschen den Weg in den Schlossberg-Dom gefunden haben, war schade - aber den Schaden tragen ohnehin die Abwesenden. Denn was Morak vor rund 150 Zuhörern (trotz schwerer Verkühlung) abgeliefert hat, war eine schaurig-schöne Geisterbahnfahrt durch die Abgründe und Torheiten unserer Zeit. Themen im übrigen, die Morak bereits vor 30 Jahren abhandelte.

Unterteilt in Kapitel, führte Morak durch den Abend. Begleitet wurde er von einer knackigen Vier-Mann-Band. Die Stimme des einstigen Burgtheater-Mimen pendelt noch immer zwischen salzsäuriger Schärfe und dunkelgrauer Melancholie. Besonders stark: Die beiden torkelnden Sehnsuchtshymnen "Was bleibt uns, mein Herz" vom neuen Album und das abgründige "Der Mond is a schwoaza Sta" aus vergangenen Tagen.

Der Spucknapf unserer Zeit

Das Thema der Clowns zog sich wie ein roter Faden durch den Abend, wobei Morak weniger an die Zirkusfiguren dachte, sondern vielmehr an die Witzfiguren in Politik, Wirtschaft und Society. Da wurde ausgiebig auf dem Catwalk der Eitelkeiten getanzt und die "Dandies der Niedertracht" bekamen ebenso ihr Fett ab wie das der Spucknapf unserer Zeit, das "WehWehWeh".

Natürlich wühlte Morak auch in seiner Klassikerkiste, ließ den Abend aber dennoch nicht zu einer Nostalgieveranstaltung verkommen: Zum "Suizid" wurde geschunkelt, zu "Abwaschbar, aufblasbar, wunderbar" wurden Fotos von (weiblichen) Sexcomputern auf die Leinwand geworfen. Die Botchaft: Die Materialien ändern sich, die Geschmacklosigkeiten nicht. Und als letzte Zugabe dröhnte natürlich "Schizo" durch den Dom im Berg: "feministen, polizisten, stalinisten, zivilisten, pianisten, nihilisten, exorzisten, fatalisten, fagottisten, chauvinisten, publizisten, onanisten, faschisten..." Das Personal von Franz Morak ist zeitlos. Und seine Themen sind von zeitloser Zündkraft. Sieger sehen anders aus? Nein, sie sehen so aus.