Frau Hoersch, Sie haben die Rolle der Hebamme Lena Lorenz 2018 von Patricia Aulitzky übernommen. Mit den Jahren hat sich die Heimatserie als fixe Größe im deutschsprachigen Fernsehen etabliert. Welche Entwicklung hat die Figur der Lena mit den Jahren genommen?
Judith Hoersch: Der größte Schicksalsschlag in ihrem Leben war, dass sie nach dem allergrößten Glück, nämlich Hochzeit und Schwangerschaft, ihren Mann durch einen Unfall verliert, und zwar auch auf dieselbe Art, wie sie ihren Vater verloren hat. Mit solchen Rückschlägen umzugehen, das macht Lena ja aus, sich zurückzukämpfen und sich dazwischen den Problemen anderer zu widmen. Die Lena ist eben eine Helfer-Natur.

Was macht das mit Lena?
Es kommen eine andere Art von Erwachsensein dazu und auch noch einmal andere Lebensfragen: Was kommt denn jetzt? Wie will ich noch einmal eine Beziehung führen? Und da ist dann ja auch ein Mann. Aber es ist nicht so, dass es geschmeidig weitergeht. Und ich denke, das hat auch was: Mit Anfang 20 denkt man, das mit der Liebe verstanden zu haben. Später erkennt man: Nein, das hat viel mehr Aspekte.

2020 starb ihr Schauspieler-Kollege Fred Stillkrauth, dazu verließen zuletzt ihre Kollegen Jens Atzorn und Pablo Sprungala "Lena Lorenz". Was bedeuten Abgänge für ein Team und für die Serie?
Also bei Fred war das für mich ein wirklich schlimmer Schlag. Er war für mich eine Schlüsselfigur. Gerade am Anfang, als ich diese Rolle übernahm, war er mein Fels in der Brandung. Er war wie das Familienoberhaupt, hat seine Flügel über mir ausgebreitet und gesagt: "Du machst das richtig gut, und ich will nicht in deiner Haut stecken." Er war auch ein fantastischer Schauspieler und ist ein großer Verlust. Fred fehlt einfach. Er hinterlässt eine Leerstelle.

Und wie war es bei Jens Atzorn?
Das ist tatsächlich anders. Natürlich bleibt Jens auch eine Leerstelle für Lena, weil sie hat mit ihm ihren Mann verloren. Allerdings hat das auch dazu geführt, dass man spannende Sachen erzählen kann: Weil, was hätte man in dem Mutter-Vater-Kind-Idyll noch erzählen können? Dass Jens gehen wollte, nahm ich sportlich. Ich verstehe seine Beweggründe, es wurde offen besprochen, und man war traurig. Aber das Leben geht weiter. Wir sind Schauspieler, keiner hat diesen Job auf Lebenszeit gebucht.

Werden Sie manchmal privat um geburtsmedizinische Ratschläge gebeten?
Nein, das kommt nicht vor. Was oft vorkommt, und das finde ich auch berührend, dass mir junge Mädchen auf Instagram schreiben: Weil sie mich so toll finden, werden sie jetzt Hebamme. Es freut mich auch, wenn mir Hebammen sagen: "Ja okay, ihr macht Film, und ja, Geburten sind tatsächlich ein bisschen blutiger, aber ihr macht das schon richtig gut."

Sie nutzen seit vielen Jahren Ihre Prominenz, um sich mit einer Hilfsorganisation für Bedürftige einzusetzen. Ihr neues Projekt hat ja direkt mit ihrer Hebammenrolle in "Lena Lorenz" zu tun.
Ich arbeite schon seit 2009 mit der privaten Hilfsorganisation Care zusammen. Ich habe mit denen auch schon einige Reisen und Projekte gemacht. Diesmal wollen wir zeigen, wie Geburten in anderen Ländern funktionieren und was Care tut, um hygienische, medizinische und Aufklärungsstandards zu verbessern. Ich werde höchstwahrscheinlich im August nach Uganda reisen, wo ich mir anschaue, wie dort Geburtshilfe und Begleitung funktionieren. Ich werde einfach für Aufmerksamkeit sorgen, darüber berichten, werde sicher auch Hebammen kennenlernen und lernen, wie sie’s dort anders machen. Was mich natürlich interessiert. Ich bin zwar keine echte Hebamme, aber mittlerweile doch in dem Thema zu Hause.