Für viele Zuschauer war es am Samstagabend wohl die einzige Fernreise des Jahres - und durchschnittlich 681.000 waren im ORF dabei. Das ZDF besiegte mit 6,56 Millionen Sehern sogar knapp den "Tatort" aus Ludwigshafen in der ARD. Das Traumschiff legte diesmal in Kapstadt an. FlorianSilbereisen feiert dabei das kleinstmögliche Jahresjubiläum: Seit einem Jahr dient er der traditionsreichen Sendung als Kapitän Max Parger. Während bei seine Premiere alle Augen auf ihn gerichtet waren, geht es Silbereisen bzw. Parger diesmal ruhiger an. Auf die Heimreise muss er überhaupt verzichten, weil sein Bruder Moritz (Joko Winterscheidt) "die beste Idee der Welt hat": "Shampoo, Spülung und Haartönung in einem". Joko, ganz der Marketingexperte: "Die Haare sind ein wichtiger Teil der Seele." Die südafrikanische Polizei ist weniger begeistert von Moritz' Produkt und Weisheit.
Doch von Anfang an: Schifferle (HaraldSchmidt) hat sich wieder einmal krank gemeldet oder schon gänzlich vom "Traumschiff" abgemeldet. Überhaupt setzt sich in der von Wolfgang Rademann entworfenen und seit fast 30 Jahren laufenden Serie ein beängstigender Zerfallsprozess fort, der kein Ende zu nehmen scheint. Der nächste, der anhebt, das Schiff zu verlassen, ist Schiffsarzt Dr. Sander (NickWilder). Nach zehn Jahren macht der 68-Jährige Schluss. "Traumschiff"-Stars wie SaschaHehn oder HeideKeller haben es ihm vorgemacht. Sommelière Vanessa Kranz (gespielt von Julia Stinshoff) scheint auch keine Lust mehr auf Kreuzfahrten zu haben. Wer geht als letzter von Board?
Zurück zu Joko Winterscheidt, der noch 2019 angekündigt hatte, nicht mehr auf das "Traumschiff" zurückkehren zu wollten. Hintergrund ist der hohe CO2-Ausstoß, wie er in seinem Podcast "Alle Wege führen nach Ruhm" erläuterte. Er sei deswegen "auf einem Kreuzfahrtschiff falsch". Für die Kapstadt-Episode fand man einen Kompromiss: Max (Silbereisen) und Moritz (Winterscheidt) trafen sich am südafrikanischen Festland.
Algorithmus der Liebe
An der spielentscheidenden Bedeutung von Oberflächlichkeiten droht in der neuen Kapstadt-Episode der von einer Partnervermittlung entwickelte "Algorithmus der Liebe" zu scheitern, der am Schiff auf die Probe gestellt wird: Er (Dennis) mag ihre Brille nicht, sie (Annika) findet wenig Gefallen an seinen farblichen Faible: "Männer, die rosa tragen, sind wie ein Autounfall." Man ahnt es schon: Was sich neckt, könnte irgendwann zueinander finden.
Freilich ist das nur eine von vielen emotionalen Suberzählungen, geschrieben nach den von Millionen Zuschauern gewohnten und geschätzten "Traumschiff"-Schablonen. Beispiele gefällig? Eine junge Frau, sucht in Südafrika ihre leibliche Mutter, während eine Nonne eine Kiste mit lebensrettenden Impfdosen gegen ein Virus (!) nach Kapstadt bringt - weitere Covid-Querverweise bleiben aus. Die Zwischenräume der Handlung werden mit launigen Sätzen und der Suche nach der Liebe aufgefüllt. Und freilich mit Silbereisen: Der Captain überblickt das Meer mit dem Fernglas, der Captain stemmt die Hände in die Hüften, der Captain lächelt vielsagend und spinnt Seemannsgarn.
Nicht fehlen darf für eingefleischte "Traumschiff"-Fans die anschließende "Kreuzfahrt ins Glück" (21.55 Uhr).
