Es sind die ersten fünf Minuten von acht Folgen und man steht gerade einmal an der Pforte zur Hölle: Die ragt grün-grau-blinkend vor dem 16-jährigen Juri (Tristan Göbel) und seinem Vater Jaschek (Charly Hübner) ziemlich selbstbewusst in den Himmel. Ein gigantischer Plattenbau und ein denkbar schlechter Ort für einen Neubeginn. Zurück gibt es eh keines: Nach dem Tod der Mutter gibt der Vater hier künftig den Hausmeister.

Die Serie „Hausen“ (Sky) kommt als Spukhaus-Serie daher, ist aber mehr eine Dystopie im Mystery-Kleid, eine Horrorserie mit Gesellschaftskritik. Gruselig, auch deshalb, weil der Grundriss der Serie den ganz realen Horror widerspiegelt: Systemabhängigkeiten, Isolation, Vereinsamung inmitten einer totalen Individualisierung. Das Haus, es saugt die Bewohner aus, indem es sie mit einer Droge, die es absondert, an sich bindet. Blutleer wie Zombies huschen die Bewohner durch den düsteren Plattenbau. Nur Neuzugang Juri gneißt schnell, dass hier etwas nicht stimmt: „Es gibt einen Grund, warum wir hier nicht glücklich werden.“ Und er wird tätig werden, aber das Haus hat ihn schon längst am Radar.

Gedreht wurde in einem Lost Place, einem ehemaligen DDR-Krankenhaus: „Das war schon krass“, so Hauptdarsteller Tristan Göbel zur Kleinen Zeitung, „die Lichter haben nicht funktioniert, alles war dunkel, die Heizung war kaputt und es war extrem kalt.“ Eine Stimmung, die sich in der Serie durchschlägt. Entrückte Bewohner, die in dieser Lethargie hausen: junge Drogendealer, ein altes Ehepaar, eine Familie mit Hang zu Recht und Ordnung, ein verschwundenes Baby, dessen verzweifeltes Weinen durch die Luftschächte hallt. Beklemmung in exquisiter Form.

© Sky Deutschland

Für die Schauspieler jedoch eine Herausforderung, so Göbel: „Ein Haus als Gegner, das war an sich schon komisch zu spielen, weil es keine Person ist, die einem gegenübersteht.“ Und doch fügt sich dieser Organismus perfekt in seine Rolle, saugt die Traurigkeit der Bewohner auf, kriecht durch jede Ritze und räumt mit einem Grusel-Klischee auf: Das Monster liegt nicht unter dem Bett, es umfängt einen fast zärtlich.