Rückblick: Ende April veröffentlichte Christian Drosten, der seit Beginn der Pandemie zu den Beratern der deutschen Regierung im Kampf gegen das Coronavirus gehört, das Resultat einer Studie, die er im Eilzugstempo mit über 3700 Infizierten durchgeführt hatte. Drostens Team testete dabei die Viruslast von Kindern und Erwachsenen und kam zum Schluss, dass es "keinen signifikanten Unterschied" gebe. So kam es zu Drostens Warnung, die Kindergärten oder Schulen wieder zu öffnen. Und nun zu Zweifel: Das deutsche Boulevardblatt "Bild" veröffentlichte einen Artikel, der die entsprechende Corona-Studie als falsch entlarven will. "Star-Virologe Christian Drosten lag mit seiner wichtigsten Corona-Studie komplett daneben", so der Tenor. 

Drosten nimmt dazu auch in seinem heute erschienenen Podcast Stellung.

Drosten twitterte:Interessant: die #Bild plant eine tendenziöse Berichterstattung über unsere Vorpublikation zu Viruslasten und bemüht dabei Zitatfetzen von Wissenschaftlern ohne Zusammenhang. Ich soll innerhalb von einer Stunde Stellung nehmen. Ich habe Besseres zu tun.

Wobei es nicht dem Usus entspricht, dass Drosten nur eine Stunde Reaktionszeit in einer so heiklen Sache eingeräumt wird. Während Drosten nun überwiegend Zuspruch aus wissenschaftlichen und politischen Reihen bekommt, sehen sich Corona-Kritiker und Verschwörungstheoretiker durch den "Bild"-Artikel bestätigt.

Mehrere Wissenschaftler, die die "Bild" zitiert, haben sich auf Twitter jedenfalls bereits vom Artikel distanziert.


So agierte die "Bild":
https://www.bild.de/video/clip/news/fragwuerdige-methoden-drosten-studie-ueber-ansteckende-kinder-grob-falsch-bild-live-70871362.bild.html

https://www.bild.de/video/clip/news/fragwuerdige-methoden-drosten-studie-ueber-ansteckende-kinder-falsch-70862488-70867050.bild.html

Ein ehemaliger langjähriger "Bild"-Mitarbeiter postete auf Facebook, dass Redakteur Filipp Piatov "niederträchtig zu bezeichnende 'Recherche'-Methoden hätte und Christian Drosten einfach zur Schlachtbank führen wolle" und uns daher die Schlagzeile präsentiere: "Schulen und Kitas wegen falscher Corona-Studie dicht – Kollegen von Star-Virologe Prof. Drosten räumen Fehler ein".

Konkret hieß es damals in Drostens Studie: "Basierend auf den Resultaten haben wir Vorbehalte gegen die unbegrenzte Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten in der derzeitigen Situation. Kinder könnten genauso ansteckend sein wie Erwachsene."

Wobei Kritik an der Studie von Drosten nicht neu ist. Anfang Mai haben Kinderärzte der LMU München in einem Artikel mit der Überschrift "Kinder haben das Recht auf Bildung" die Effektivität und Legitimität von Schulschließungen angezweifelt - und dabei auch Drostens Studie kritisiert. Der Rückschluss, dass aus gleicher Viruslast bei Kindern und Erwachsenen auch eine vergleichbare Ansteckungsgefahr folge, sei unzulässig.