"Vom richtigen Zeitpunkt“: Zumindest dieser Titel des Esoterik-Bestsellers zur Kraft des Mondes wird Norbert Hofer noch beschäftigen. Denn das Timing des FPÖ-Chefs ist total missglückt. Das Momentum gegen die blaue Anti-GIS-Kampagne könnte kaum stärker sein. Ausgerechnet am Montag um 18.30 Uhr verkündete Hofer via Facebook sein „starkes Zeichen gegen die ORF-Zwangsgebühren“ daheim in Pinkafeld. Er habe die Empfangsteile aus seinen privaten TV-Geräten ausbauen lassen. Eine Viertelstunde später war Vollmond. „Günstig für den Fischfang“ steht dazu im Kalender. Reiche Beute im Meer der Fern-Seher machte aber schon wenige Minuten später ausgerechnet der ORF: Mit je mehr als 1,5 Millionen Zuschauern für „Bundesland heute“ und „Zeit im Bild“ sowie fast siebenstelligem Publikum für die ZiB 2 begann eine der erfolgreichsten Wochen der öffentlich-rechtlichen Information.

Das Unglück mit Corona ist ein Glück für den ORF. In der Krise lagert die Fernsehnation am Küniglberg. ATV- oder Servus-Nachrichten erreichten nur ein Zehntel des ORF-Publikums. Was an Wahltagen gilt, ist in Notsituationen noch deutlicher. Es hat ungeachtet der ZiB-Leistungen ausgerechnet etwas mit einer Kritik am ORF zu tun: Er sei Staatsfunk, ein Organ der Obrigkeit. Das ist zwar nicht wahr, doch diese Anmutung des Offiziellen wirkt durchaus als Quotenbringer.

Die Mehrheit im Stiftungsrat

Der Marktanteil für „Bundesland heute“ und „Zeit im Bild“ lag diese Woche durchwegs über der absoluten Mehrheit. Über eine solche könnte nun de facto die ÖVP im Aufsichtsorgan des ORF verfügen. Nach der Ernennung von sechs neuen Mitgliedern im 35-köpfigen Stiftungsrat sind seit Dienstag 16 direkt der Volkspartei zuzurechnen. Von den wenigen Unabhängigen wurden aber zwei von der Bundesregierung ernannt. Es bleibt auch abseits der Mehrheitsverhältnisse ein insgesamt wunderliches Gremium: Sein Vorsitzender ist Ex-FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger. Neos-Vertreter Hans-Peter Haselsteiner will unterdessen die Geschäftsordnung so ändern, dass der Stiftungsratschef abgewählt werden kann. Das habe aber nichts mit Steger zu tun. Sagt er.

Warum Hofer den ORF schwächen will

Die für Donnerstag geplante Sitzung der ORF-Aufseher fällt unterdessen ebenso Corona zum Opfer wie der Start zur FPÖ-Kampagne gegen die Rundfunkgebühr. Hofers Home-Video darüber verzeichnet dennoch schon 100.000 Abrufe auf Facebook. Das entspricht dem Standard von Nachrichten der großen Privatsender in normalen Zeiten. Nur öffentlich-rechtliche Information hat deutlich mehr Bildschirm-Publikum. Deshalb will die FPÖ den ORF schwächen.