Elf Monate vor den 59. US-Präsidentschaftswahlen mühen sich die großen amerikanischen Onlineportale um eine klare Position gegen Fake News. Facebook kündigte vor einem Monat an, manipulierte Videos, sogenannte „Deepfakes“, aus seinem sozialen Netzwerk löschen zu wollen. Googles Tochterunternehmen Youtube zog vor wenigen Tagen nach, indem es ankündigte, auf seiner Plattform alle Videos, die „technisch manipuliert oder gefälscht wurden, um Nutzer in die Irre zu führen“ und im Zusammenhang mit der US-Wahl stehen, entfernen zu wollen. Gestern meldete der Kurznachrichtendienst Twitter ähnlich lautende Pläne an.

Groß ist die Angst der mächtigen Onlinedienste, es könnte nach den US-Wahlen 2016 erneut zu breitenwirksamen Falschmeldungen kommen. Spätestens seit damals müssen sich Facebook & Co. einen laschen Umgang mit politischen Fake News vorwerfen lassen.

"Verification Officer" der Apa

Hochbrisant ist das Thema auch für die klassische Medienbranche. Die Austria Presse Agentur (APA) setzt daher seit Jahresbeginn auf die neu geschaffene Stelle eines „Verification Officers“. Es gehe dabei darum, alle Aktivitäten im Bereich Verifikation zu koordinieren, erklärt Neo-„Officer“ Florian Schmidt. Eine klassische Frage des Journalismus wird den technologischen Voraussetzungen und Fallstricken der Zeit angepasst: Wie lassen sich Inhalte aus unbekannter Quelle überprüfen?

Faktencheck-Experte und Multimedia-Redakteur Florian Schmidt.
Faktencheck-Experte und Multimedia-Redakteur Florian Schmidt. © APA/Fohringer

Die Deutsche Presseagentur (dpa), wo es seit 2017 mit Stefan Voß einen Verification Officer gibt, setzt auf eine ähnliche Strategie wie die APA, wo man die Weiterbildung der Redakteure vorantreibt. Wichtig sei der interne Wissenstransfer, beschreibt Schmidt eine seiner Aufgaben. So hätten etwa ältere Redakteure im Vergleich zu „Digital Natives“ naturgemäß etwas weniger Erfahrung im Umgang mit diesen Phänomenen. „Geändert hat sich durch die fortschreitende Technologisierung, dass die Fakes immer glaubwürdiger und schwieriger zu überprüfen sind. Gerade wenn es um manipulierte Bilder oder Videos geht, muss man heutzutage technische Kompetenz mitbringen.

Wo Fake News wirklich auftreten

Die Frage der Häufigkeit von Fake News in Österreich lässt sich nicht einfach beantworten, verweist der Multimedia-Redakteur auf die unterschiedlichen Plattformen. Generell seien Falschmeldungen in der Alltagswelt sehr präsent – allerdings nicht im klassischen Nachrichtenbereich: „Zum einen muss man nicht jedem gefakten Material nachgehen, das in einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe gepostet wird. Das hätte keinen Nachrichtenwert und würde die Lüge bloß aufwerten. In erster Linie liegt unser Fokus auf für Österreich relevante Fakes: Die internationalen Fakes werden eher von großen Agenturen wie dpa oder Agence France-Presse (AFP) behandelt, die enorme Ressourcen für Verifikation zur Verfügung haben.“ Die größte Abteilung gegen Desinformation hat laut eigenen Angaben die AFP: Mehr als 70 Journalisten arbeiten in 30 Ländern daran, Falschinformationen aufzuspüren.

Der technologische Wandel treibt die Qualität der Lügen voran, lässt Merkmale der Authentizität verschwimmen. „Heutzutage erkennt man an Deepfakes die Manipulationen noch. Ich kann mir vorstellen, dass dies in fünf Jahren äußerst schwierig sein wird“, fürchtet Schmidt.