Da sitzen sie und trinken Limonade! Romy Schneider und Karlheinz Böhm bei den Dreharbeiten zu „Sissi“ in den 1950er-Jahren. Wenn das der Kaiser wüsste! Der würde theoretisch vermutlich in seinen Bart grummeln, während Elisabeth sich wohl über die anhaltende Begeisterung freuen würde, oder vielleicht auch nicht. Zumindest mit der klassischen Sissi-Trilogie von Ernst Marischka wäre sie wohl nicht zufrieden – zu lieb, zu kitschig, zu sehr unter der Fuchtel des Hofes. Das Konzept der Vereinnahmung hat sich munter fortgesetzt: Sissi-Darstellerin Romy Schneider brauchte viele Jahre, Tränen und schauspielerische Glanzleistungen, um die kindliche Kaiserin abzuschütteln. Es ist ihr mehr oder weniger gelungen, aber der alles überlagernde Mythos, der speist sich noch immer aus der Trilogie, die zum fixen Inventar des Weihnachtsfestes im deutschen Sprachraum gehört. Wie sehr, das hat heuer sogar eine Übernahme gezeigt: War Sissi in klassischer Manier mit der ARD, also einem öffentlich-rechtlichen Sender, verknüpft, hat sich RTL in diesem Jahr die Ausstrahlungsrechte gesichert und zeigt „Sissi“, „Sissi – Die junge Kaiserin“ und „Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin“ hintereinander ab 20.15 Uhr.
Genese der Trilogie
Im ORF wird, wie üblich, die Trilogie auf drei aufeinanderfolgende Tage aufgeteilt. Gestartet wird am 25. Dezember (13.05 Uhr, ORF 2), es folgt Teil 2 am Freitag (13.10 Uhr, ORF 2) und endet mit den Schicksalsjahren am Samstag (13.20 Uhr, ORF 2). Auf ORF On und morgen Vormittag (9.05 Uhr, ORF 2) ist eine neue Doku zu sehen, die die Genese der Trilogie zeigt, die vor 70 Jahren das erste Mal auf der Leinwand zu sehen war. Ursprünglich war es einmal eine Operette („Sissy“), dann verfilmte es Joseph von Sternberg („The King Steps Out“, 1936) und in den 1950er-Jahren versuchte es noch einmal Ernst Marischka und knackte den TV-Film-Jackpot.
Die Geschichte von der jungen Prinzessin aus Bayern hat in den letzten Jahren neuerlich einen Hype erlebt: Vier Staffeln lang hat RTL, als Koproduktion mit dem ORF, mit der Serie „Sisi“ (zu streamen auf RTL+) die Geschichte neu erzählt und bisweilen ordentlich dazuinterpretiert, sodass irgendwann der Zusatz „Nach historischen Ereignissen frei erzählt“ hinzugefügt werden musste.
Auch Netflix, wo der erste Teil zu streamen ist (Amazon Prime hat die ersten beiden Teile in der Flatrate), hat mit seinem Historiendrama „Die Kaiserin“ den International Emmy als beste Dramaserie gewonnen. Fünf Wochen lang hat sich die erste Staffel in den globalen Netflix-Top-10 der nicht englischsprachigen Serien gehalten. Kein Wunder, der Stoff passt formidabel in die New-Romantic-Schiene, die seit ein paar Jahren das Literaturgenre erfasst hat. Die dritte und finale Staffel wird für 2026 erwartet. Unterdessen ist es mit den royalen Serien noch nicht zu Ende, aktuell ist eine Serie über König Ludwig II. von Bayern in Planung.