„Was war zuerst da – die Schule oder der Tierschutzkalender?“, fragt sich die „Tagespresse“ in einem investigativen Text. Das Portal, das üblicherweise Politik, Medien und Österreich an sich mit satirischen Texten aufs Korn nimmt, begab sich dafür auf einen Ausflug in unbekanntes Terrain. Ein investigativ recherchierter Text deckte dubios anmutende Vorgänge rund um den Verkauf des sogenannten „Tierschutzkalenders“ in österreichischen Volksschulen auf und sorgte damit für breites mediales Echo. Der Kalender, der laut Eigenangaben dem Tierschutz dienen soll, wird dort für sieben Euro verkauft. Doch der dahinterstehende Verlag verfügt offenbar über keinerlei Genehmigung – denn Geschäfte an Schulen zu machen ist eigentlich nicht erlaubt und wäre nur unter strengen Bedingungen zulässig.

Völlig neu war zudem die Erkenntnis, dass von den Erträgen im sechsstelligen Bereich laut „Tagespresse“ lediglich ein Bruchteil tatsächlich als Spende beim Tierschutz ankommt. Und das, obwohl der Kalender bereits seit langer Zeit Jahr für Jahr in Volksschulen verkauft wird, ohne dass je kritisch hinterfragt wurde, wohin das Geld eigentlich fließt. Gerade das könnte nun ausgerechnet die „Tagespresse“ verändert haben. Das Team kündigt jedenfalls an, demnächst mit einem zweiten Text nachzufassen.

„Wir wollen das sehr genau dosieren.“

Wird das Satireportal nun öfter zur Quelle ernsthaften Journalismus? „Wir wollen das sehr genau dosieren. Unsere Leser mögen das – aber der Kern unserer Marke ist und bleibt natürlich Satire“, betont Gründer Fritz Jergitsch. Ab und zu wolle man dennoch Missstände aufs Korn nehmen, allerdings immer „in unserer humorvollen Art“, die das Publikum erwarte und die den Ton der Plattform maßgeblich prägt.

Etwa zwei ernsthafte Hinweise pro Woche erhalte man mittlerweile, und man wolle diesen Meldungen auch nachgehen, soweit es die Kapazitäten erlauben. „Wir sind ein kleines Team und haben nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten“, sagt Jergitsch, der auf rund 18.000 Abonnenten seines Online-Mediums verweist. Das mache unabhängig, da man keinerlei Werbung schalte. Nur einmal – während der Corona-Zeit – habe eine Agentur im Namen des Bundeskanzleramts einen Werbebanner gebucht. Das Geld habe man jedoch im Wege einer Klage gegen ÖVP-Mandatar Andreas Hanger wieder ins Budget rückgeführt, wie Jergitsch augenzwinkernd anmerkt. Das Satiremedium hatte Hanger wegen „unlauteren Wettbewerbs“ belangen wollen, weil er durch seine politische Satire das Geschäft der „Tagespresse“ gefährde. Das Begehren wurde vor Gericht jedoch ganz humorlos abgewiesen.

Reichweitenstärkste Satireplattform

„Die Tagespresse“, die Jergitsch 2013 gegründet hat, ist heute die reichweitenstärkste Satireplattform Österreichs. Von der One-Man-Show der Anfangsjahre ist man inzwischen mit vier fixen und etlichen freien Mitarbeitern deutlich entfernt. Nicht selten löst die „Nachrichtensatire“, in der satirische Texte wie echte Nachrichten präsentiert werden, Debatten über Medienkompetenz und politische Kommunikation aus. „Wir haben sehr loyale Leser und sind fast jedes Jahr gewachsen“, sagt Jergitsch. Und über „echte“ Nachrichten wird man nun öfter wundern dürfen.