Wo Menschen sind, sind auch Befürchtungen. Insofern fast logisch, dass die fünf „Inseln des Zusammenseins“, die derzeit im Zuge des rotor-Kunstprojekts „Die Schule des Wir“ an öffentlichen Orten des Annenviertels entstehen, auch Misstrauen erzeugten: Da würde bloß mehr Platz für Trinker geschaffen, hieß es. „Inzwischen“, sagt Co-Leiterin Margarethe Makovec, „zeigt sich etwas anderes: Durch die erweiterten Möglichkeiten, sich an diesen Orten aufzuhalten, bilden sich mehr Milieus ab und es ergibt sich ein diverseres Bild des Viertels.“

Stimmt: Der von Nikolay Oleynikov gebaute „Red Birds Social Club“ auf dem Platz der Begegnung vor dem Bad zur Sonne ist bereits urbane Bühne für Schulkinder, Büromenschen, Handymusikhörer und, ja, Trankler geworden. Und in Eliana Ottas  „Garten der wachsenden Erkenntnisse“ am Lendplatz lassen sich zwischen Borretsch, Zwiebeln und Kamillen ziemlich gut Pausen zwischen Arbeits- und Einkaufsalltag einlegen.

Belebt: Nikolay Oleynikovs „Red Birds Social Club“ auf dem Platz der Begegnung
Belebt: Nikolay Oleynikovs „Red Birds Social Club“ auf dem Platz der Begegnung © rotor/K. Lernbeiß

Gelungene Vorschläge für eine Stadt mit bisher recht beschränkten Möglichkeiten von Nebeneinander und Begegnung im öffentlichen Raum. Vielleicht funktionieren die „Inseln“ (drei weitere finden sich an Marienplatz, Metahofspitz und vor dem Orpheum) ja echt deswegen, weil sie durch Zusammenarbeit so geworden sind, wie sie sind: Bewohner, Institutionen und Vereine aus dem Viertel haben die Künstlerinnen und Künstler beim Bau beraten.

Unter dem Prinzip der Konvivialität, die Zusammenhalt als Wert begreift, sind so Knotenpunkte im Netzwerk Stadt entstanden, an denen unterschiedliche Lebenswelten und -bedürfnisse nicht nur aufeinander treffen, sondern auch zueinander finden können. Inspiriert ist „Die Schule des Wir“ vom französisch-karibischen Kulturtheoretiker Édouard Glissant (1928-2011) und seiner Idee, überkommenen kontinentalen und kolonialen Prinzipien ein „archipelagisches“ Denken auf Basis von Intuition und Kooperation entgegenzusetzen – jenseits von Zentralismus, Hierarchie und Planbarkeit. Dem spürt auch die Ausstellung im rotor in der Volksgartenstraße nach: Hier untersuchen Künstlerinnen wie Daniela Brasil, Nayari Castillo, Karin Lernbeiß, Catherine Graz und Zoe Kreye Möglichkeiten von Gemeinschaft jenseits der Marktlogik.