"Mit Beethoven durch die Krise." Mit diesen Worten begrüßt einen die Wiener Veranstaltungsseite (https://beethoven2020.wien.gv.at) im laufenden Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag des deutschen Tonsetzers. Allerdings belässt man es weitgehend bei der aufmunternden Parole - sind doch nicht nur die Wiener Festpläne dank Corona vielfach Makulatur. Aus der Not eine Tugend macht man indes meist woanders.

Besonders bedauernswert ist der Entfall des geplanten "Fidelio"-Dreiklangs in Wien, hatten doch Staatsoper und Theater an der Wien alle drei Fassungen der einzigen Oper Beethovens auf den Spielplan gehoben, was einen lohnenden und äußerst seltenen Vergleich in relativ kurzer Zeit ermöglicht hätte. Die heftig kritisierte Premiere von Amelie Niermeyers Erstversion ging Anfang Februar in der Staatsoper noch über die Bühne. Die von Hollywoodstar Christoph Waltz inszenierte Zweitfassung, angesetzt am 16. März im TaW, fiel dann schon in die Virensperre. Und von Otto Schenks Standardinszenierung der dritten Umarbeitung am 22. April in der Staatsoper war schon länger nicht mehr die Rede.

Das Kunsthistorische Museum (KHM) musste seine große Ausstellung "Beethoven bewegt" mit alter und zeitgenössischer Kunst rund um den Komponisten in den Herbst verschieben. Und auch im Leopold Museum sieht es nach jetzigem Stand wohl danach aus, als müsse man die ab 30. Mai angesetzte Ausstellung "Inspiration Beethoven" voraussichtlich in den Herbst verschieben, heißt es gegenüber der APA.

Andererseits haben im erzwungenen Corohnahausarrest viele Menschen so viel Zeit wie selten zuvor, sich ihren Beethoven daheim zu Gemüte zu führen. In Wien greift man dieses Potenzial aber noch allenfalls zögerlich ab. Im Haus der Musik, wo ein ganzjähriger Schwerpunkt geplant war, greift man nun immerhin zu den digitalen Möglichkeiten und verlegt zumindest den Auftakt der Gesprächsreihe "Let's Talk About Beethoven" mit Musikwissenschafter Thomas Leibnitz am 20. April in den hauseigenen Youtube-Kanal (www.youtube.com/user/wienerhausdermusik).

Digitaler Vorreiter

Glück hatte die Nationalbibliothek (ÖNB), die ihre Ausstellung "Beethoven. Menschenwelt und Götterfunken." bereits Mitte Dezember gestartet hatte. Außerdem zeigte man sich als Digitalvorreiter, indem man alle in ÖNB-Besitz befindlichen Objekte wie Handschriften oder bildliche Darstellungen mit Bezug zu Beethoven eingescannt und online zugänglich gemacht hat. (www.onb.ac.at/beethoven-digital/portal).

Ansonsten belässt es das Wiener Beethovenportal (https://beethoven2020.wien.gv.at) bei Tipps auf Neuerscheinungen und Veranstaltungshinweisen. Weit aktiver sind da die Kollegen in Deutschland, wo "BTHVN2020" ebenfalls von den Coronawidrigkeiten geplagt wird. So ist etwa der eigentlich angedachte Musikfrachter, der von Beethovens Geburtsstadt Bonn aus nach Wien hätte fahren und dort von 17. bis 19. April vor Anker hätte gehen sollen, bereits am Beginn der Reise gestrandet. Die Verantwortlichen modifizierten kurzerhand das Konzept und machten aus der schwimmenden Bühne ein Produktionsstudio, in dem eine knappe Woche lang Aufnahmen stattfanden. Das Ergebnis ist zusammen mit eingesendeten Beiträgen nun unter www.musikfrachter.de/ zu sehen und hören.

Die im Rahmen des Beethovenfestes geplanten Open-Air-Konzerte im Bonner Hofgarten mussten stattdessen ebenso gestrichen werden wie alle Veranstaltungen und Vorhaben im Bonner Beethoven-Haus. Die ursprünglich als Kooperation zwischen Beethovenfest und STEGREIF.orchester Mitte März angesetzten Workshops werden nun hingegen virtuell abgehalten: Aufbauend auf einem musikalischen Grundkurs, gibt es 15 Episoden a fünf Minuten bis 17. April. (www.youtube.com/c/STEGREIForchester)

Beethoven wandert ins Netz

Auch die Bonner Pianistin Susanne Kessel hat ihr Projekt "250 Piano Pieces for Beethoven" in den digitalen Raum verfrachtet. Bis 16. Dezember wird auf Kessels Internetseite nun täglich einer der 250 Komponistinnen und Komponisten, die an dem Vorhaben mitwirken, mit Stück vorgestellt und steht den Tag über im Chat bereit. (http://250-piano-pieces-for-beethhoven.com)

Der einstige Grazer und jetzige Bonner Generalmusikdirektor Dirk Kaftan ruft indes im Internet Hobby- oder Profimusiker auf, eine Passage aus der "Pastorale" einzusenden, wobei man aus den Ergebnissen ein virtuelles Riesenorchester formen möchte (www.beethoven-orchester.de). Und die Bonner Kunsthalle ist mit ihrer großen Beethoven-Ausstellung "Welt.Bürger.Musik" gleich gänzlich ins Netz gewandert. Unter https://digitalekunsthalle.zdf.de/beethoven/index.html#tp0 kann man im 360-Grad-Modus durch die Räumlichkeiten flanieren und die einzelnen Kunstwerke oder Filmausschnitte heranzoomen.

Und nicht zuletzt meldet sich der Meister aus Bonn auf Twitter auch selbst zu Wort - respektive sein "BeethovenBot". Bei dem Projekt des Bonner Literaturhauses wird auf Basis der Beethoven-Briefe und -Konversationshefte eine Digitalpersona geschaffen. So reagiert der Bot auf aktuelle Ereignisse und beantwortet Userfragen - mit Originalzitaten. (https://twitter.com/lettersofludwig)