Im Mai des Vorjahres kam Domkapellmeister Josef M. Doeller mit seinem „Jahrtausendprojekt“ ins Ziel. Seit 1998 hatte er unter dem Titel „Bach XXI“ 170 geistliche Kantaten des Barockmeisters dirigiert. Bald nach dem erschöpfenden Marathon war der 64-Jährige schon wieder fit für Neues. Mit „Bach XXI 2.0“ stellt er dessen überwältigendes Œuvre in Bezug zur Bach-Familie, zu Zeitgenossen wie Telemann, zu Wiederentdeckern wie Mendelssohn, zu Verehrern aller Epochen bis herauf zu Radulescu.

Mit Teil 1 aus dem „Weihnachtsoratorium“ und Artverwandtem startete Doeller das Nachfolgeprojekt. Als Teil 2 folgt nun die berühmte „Matthäuspassion“, die Doeller zuletzt 2015 exakt zum 330. Geburtstag des Thomaskantors geleitet hatte. Diese braucht natürlich keinerlei Ergänzung und der Aufführung des doppelchörigen Werks von 1727 am Samstag (6. April) kommt noch eine Besonderheit zu – als letztes großes Konzert im Dom, ehe dieser wegen Renovierung bis November seine Pforten schließt.


Es gab übrigens viele Versuche, die „Matthäuspassion“ zu inszenieren. Bereits 1921 hatte Komponist Ferruccio Busoni die Idee, das Geschehen auf einer doppelstöckigen Bühne zu zeigen, mit einer Kanzel im Zentrum und einer gotischen Kathedrale an beiden Seiten für den Chor; die Arien wollte er weitgehend streichen, da sie „die Handlung ungebührlich aufhalten und unterbrechen“.

Etliche Experimente scheiterten, es gibt aber auch gelungene Beispiele: 2010 erntete US-Regisseur Peter Sellars bei den Salzburger Osterfestspielen Standing Ovations ohne Ende für sein „ritualisiertes“ Meisterstück von Bach, das – geleitet von Simon Rattle – danach in der Berliner Philharmonie bejubelt wurde und als DVD-Produktion erschien. Ebenfalls Aufsehen erregte 2016 Romeo Castelluccis provokante Version der Passion in Hamburg, Kent Nagano am Pult sorgte für eine tief empfundene Deutung des Bach’schen Gipfelwerks.


Und sogar auf die Leinwand wurde die Passion „übersetzt“: Der Wiener „Sissi“-Regisseur Ernst Marischka drehte 1949 einen Film mit „Tonmeister“ Herbert von Karajan, aber ohne Schauspieler – Gemälde und Skulpturen berühmter Künstler des 13. bis 17. Jahrhunderts illustrierten den Leidensweg Jesu. Auch Richard Blank folgte 2006 der Musik Bachs, versetzte die Handlung aber ins Heute, wobei Max Simonischek als Christus das Kreuz durch die Münchner Fußgängerzone trägt.