Natürlich ist es kein Zufall, dass die Salzburger Osterfestspiele 2017 Richard Wagners "Die Walküre" als zentrale Opernproduktion ins Programm gesetzt haben, ist es doch jenes Stück Musiktheater, mit dem Herbert von Karajan vor 50 Jahren das elitäre Festival an der Salzach aus der Taufe gehoben hat. Um nach fünf Jahrzehnten den Kreis zu schließen, wird heuer das Bühnenbild von 1967 wiederbelebt.

"Ein nahezu verrücktes Selbstvertrauen muß dazugehören, Privatfestspiele solchen Ausmaßes subventionslos zu planen, zu dirigieren und zu inszenieren, die Leute vor Ostern ins verregnete Salzburg zu locken", schrieb "Die Zeit" über die Opern-Premiere am Palmsonntag 1967 als Festivalstart.

Tatsächlich hatte Karajan seine Osterfestspiele als privates, nur von Mäzenen gefördertes Festival gegründet, das bewusst auf öffentliche Subventionen verzichtete. Möglich wurde dies, weil der Maestro die Oper schon vor den Proben in Salzburg als Schallplatte eingespielt und damit die ganze kostspielige "Knochenarbeit" zu Hause in Berlin erledigt hatte. Zudem hatte er sich ebenfalls noch vor der Premiere zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf der Produktion an die "Met" in New York, durch Radioübertragungen und einen Fernsehfilm gesichert.

Gerüchte, dass Karajans verletzte Eitelkeit das eigentliche Motiv für die Gründung der Osterfestspiele gewesen sein soll, wies der Dirigent stets zurück. Zum einen hieß es, das Salzburger Festival - mit einer Wagner-Oper im Zentrum - sei Karajans "Antwort" darauf, dass er in Bayreuth nicht Wagner habe machen dürfen. Zum anderen soll sich der Dirigent von Unterrichtsminister Theodor Piffl-Percevic brüskiert gefühlt haben, weil dieser sich 1964 weigerte, auf Karajans Wunsch seinen Mitdirektor in der Staatsoper zu entlassen, woraufhin der Maestro selbst Wien den Rücken kehrte.

Zentrales Orchester des Festivals waren von Beginn weg Karajans Berliner Philharmoniker, die neben der Oper auch (zumeist drei) Konzerte aus dem großen Orchester-Repertoire gaben, wobei das Programm in zwei Zyklen die Karwoche inklusive Wochenenden ausfüllte. Unterstrichen wurde die Einzigartigkeit des Festivals damit, dass sich die "Berliner" nur hier in das sonst gemiedene Opernfach begaben. In den darauffolgenden drei Jahren vollendete Karajan den "Ring des Nibelungen", danach folgten Werke anderer Komponisten.

Die erste große Zäsur in der Festivalgeschichte kam mit dem Tod Karajans 1989 sowohl in der künstlerischen Weiterentwicklung als auch in einer deutlicheren Abgrenzung zu den Sommerfestspielen, mit denen bis dahin eng zusammengearbeitet worden war - Karajan hatte ja auch dieses Festival geleitet. Allerdings wurden die Osterfestspiele die folgenden zwei Jahre noch mit Opern der Sommerfestspiele überbrückt. 1990 fehlten erstmals die "Berliner", sie kehrten aber bereits im Jahr darauf wieder an die Salzach zurück.

1992 übernahm Georg Solti die Künstlerische Leitung, er wurde aber nur zwei Jahre später von Claudio Abbado abgelöst, der bereits seit Karajans Tod Chefdirigent der Berliner Philharmoniker war. Abbado ergänzte das Festival mit der Kammermusikreihe "Kontrapunkte", die 1996 einen weiteren Schnitt für das Nobelfestival brachte: Zum ersten Mal erhielten die Osterfestspiele öffentliche Subventionen, die mit insgesamt zwei Millionen Schilling (ca. 145.000 Euro) noch recht bescheiden ausfielen. 2002 folgte Simon Rattle dem Italiener an der Spitze des deutschen Orchesters, ein Jahr später übernahm der Brite auch die Künstlerische Leitung der Osterfestspiele.

Turbulenzen

Turbulente Zeiten kamen auf die Osterfestspiele im fünften Jahrzehnt des Bestehens zu: Anfang 2010 tauchten in den Büchern Malversationen in Millionenhöhe auf, Michael Dewitte, seit 1998 Geschäftsführer der Osterfestspiele, und der Technische Direktor der Salzburger Festspiele, Klaus Kretschmer, wurden entlassen.

Die beiden sollen sich ungerechtfertigte Provisionen und Gehaltszahlungen zum Schaden der Arbeitgeber verschafft haben. Im folgenden Strafverfahren erhielt Dewitte in zweiter Instanz wegen Untreue viereinhalb Jahre Haft, der teilweise geständige Kretschmer vier Jahre Haft wegen Untreue und gewerbsmäßig schweren Betruges. Außerdem mussten Kretschmer und Dewitte jeweils 839.000 Euro Schadenersatz an die Osterfestspiele leisten, Dewitte zusätzlich noch 423.000 Euro. Beide büßten zum 50-Jahre-Jubiläum des Festivals die Strafe gerade ab: Kretschmer trat die Haft am 1. September 2016 in Österreich an, Dewitte am 26. Jänner 2017 in Belgien.

Die Affäre hatte einen totalen Umbau der Festivalstruktur zur Folge, die seit der Gründung immer noch ganz auf Herbert von Karajan zugeschnitten war: Mehr als 20 Jahre nach dessen Tod hielt die Herbert-von-Karajan-Osterfestspiel-Stiftung (ab 1998 Stiftung Herbert von Karajan Osterfestspiele Salzburg) immer noch 98 Prozent der GmbH, über die restlichen zwei Prozent verfügte Karajans Schulfreund und Festivalmitbegründer Erich Aigner, der auch 20 Jahre lang Geschäftsführer war, bzw. in der Folge dessen Sohn Christoph Aigner. Nun wurden die Osterfestspiele breit aufgestellt: Stadt, Land und die Salzburger Land Tourismus Gesellschaft (SLTG) stiegen in die Gesellschaft ein und halten seither je 20 Prozent, die Stiftung "Herbert von Karajan Osterfestspiele" verfügt über 25 Prozent und der Verein der Förderer der Osterfestspiele über 15 Prozent.

Kaum war die organisatorische Erneuerung auf Schiene, ereilte die neue Führungsmannschaft Peter Alward und Bernd Gaubinger die nächste Hiobsbotschaft: Das jahrzehntelange Stammorchester aus Berlin kündigte seinen Rückzug aus der Mozartstadt nach dem Festival 2012 an. Innerhalb weniger Wochen gelang es, mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden ein neues Spitzenorchester und deren Chef Christian Thielemann als Künstlerischen Leiter der Osterfestspiele zu verpflichten, die heuer im Jubiläumsjahr ihr fünftes Festival bestreiten werden.

Mit diesem Wechsel wurde seitens der Gesellschafter auch die Möglichkeit genutzt, zumindest ein klein wenig das elitäre Image des teuersten Festivals der Welt zu korrigieren. Zwar häufen sich in der Osterwoche weiterhin die geparkten Privatjets am Salzburg Airport und versuchen Galeristen, Kunsthändler und Juweliere am "Festspielbudget" der zahlungskräftigen Gäste ordentlich mitzunaschen, doch wurde ab 2013 mit einer leichten Reduzierung der Kartenpreise zumindest ein symbolischer Akt gesetzt: Die Preise für die teuersten Opernkarten wurden von 510 auf 490 gesenkt und die billigsten Opernkarten werden um 40 Euro aufgelegt. Vor allem aber soll die heimische Bevölkerung seither mit einem "Konzert für Salzburg" bewusst angesprochen werden, und dafür müssen Interessierte 10 bis höchstens 70 Euro auf den Tisch blättern.