An den Kinokassen bleibt das Marvel Cinematic Universe ein Erfolgsgarant, doch der kreative Funke scheint nachzulassen. Ob vorhersehbare Cameo-Auftritte bekannter Figuren oder künstlich aufgebauschte Showdowns mit recycelter Dramaturgie: Bewährte Checkpoints verlieren an Überraschungsfaktor, aalglatte Weltenretter haben ausgedient. Was es braucht, sind Regelbrecher und Außenseiter, die den Erzählkosmos wieder aufrütteln. Für diese deftige Prise Anarchie sorgen seit 2014 die am wenigsten orthodoxen Heldenfiguren im Universum: die "Guardians of the Galaxy". Kein Wunder, so ist Regisseur James Gunn selbst ein unbeugsamer Kinorebell, der sich auch unter der Vorherrschaft Disneys weiterhin seinen Punk-Wurzeln verpflichtet fühlt. Bevor dieser demnächst die Seiten wechselt und die Führungsrolle beim Comickonkurrenten DC übernimmt, schickt er seine lieb gewonnenen Antihelden noch ein letztes Mal in die Weiten der Galaxis. Und das zum Glück mit rotzfrecher Attitüde.

Waschbär bilanziert

In ihrem dritten Solofilm werden die von "Star-Lord" Peter Quill (Chris Pratt) angeführten Weltraumhalunken in eine besonders missliche Lage gebracht. Die unerwartete Ankunft des vergoldeten Supermenschen Adam Warlock (Will Poulter ist für die Rolle zum Muskelpaket mutiert) stürzt ihren neuen Heimatplaneten ins Verderben. Rocket, der sprücheklopfende, anthropomorphe Waschbär der Chaosgang, schwebt nun in großer Gefahr und lässt seine traumatische Vergangenheit als Versuchskaninchen Revue passieren. Quill und der restliche Trupp rund um Drax, den Weltenzerstörer mit Herz aus Gold (Ex-Wrestler David Bautista zeigt Facettenreichtum), die überempathische Mantis (Pom Klementieff) oder den wortkargen Baummenschen Groot begeben sich auf eine intergalaktische Odyssee, um ihren Freund zu retten.

Auch im finalen Kinoabenteuer der "Guardians" beweist James Gunn Mut zu verrückten Ideen und ein großes Herz für Verstoßene. Hinter dem nihilistisch anmutenden Wortwitz steckt nämlich eine intime Geschichte über Außenseiterfreundschaft, deren sentimentaler Kern präsenter denn je erscheint. Wie üblich, gepaart mit einem peppigen Soundtrack, der neben der familiären Dynamiken den emotionalen Anker bildet. Neu mit dabei am Mixtape: Hymnen von Radiohead, den Beastie Boys oder Florence + the Machine. Ein würdiger Abschluss für die anarchische Heldentruppe, der frei von comicinterner Interkonnektivität völlig für sich steht. Im sonst oft übermäßig selbstreferentiellen Marvel-Universum ein regelrechtes Wunder.

Bewertung: ****