International betrachtet ist der große Aufschrei bislang ausgeblieben: US-Medien berichteten von Florian Teichtmeisters Anklage und dessen Besitz von 58.000 Daten von Kindesmissbrauch: nüchtern, knapp und faktenorientiert. Im Gegensatz zur Welle der Entrüstung und Flut an Recherchen, die die Causa hierzulande von der Politik bis zur Kultur auslöste. Nebst Fragen von Straferhöhung, Opferschutz, Missbrauch und Pädosexualität, gilt es zu klären: Wie geht man mit einem Film um, der gedreht wurde, bevor erste anonyme Berichte auftauchten? Kann man das Werk vom Schauspieler trennen? Welche Folgen hat das für die von #MeToo gebeutelte Branche?
Teichtmeister, vom Burgtheater mittlerweile entlassen, ist in "Corsage" in einer Nebenrolle an der Seite von Vicky Krieps als von epochalen Umbrüchen gezeichneter Kaiser Franz Joseph zu sehen. Er hat Sex, eine Affäre mit einer Jüngeren und wünscht sich eine repräsentative Frau zur Seite. "Corsage" erzählt eine Emanzipationsstory aus feministischer Perspektive.
Nach der Oscar-Shortlist könnte am Dienstag eine Nominierung als bester internationaler Film folgen. Seit gestern darf sich "Corsage" auch bei den British Academy Film Awards (Bafta) Chancen auf einen Preis ausrechnen. "Natürlich freut uns das. Tatsache ist aber auch, dass in unserem Film ein Schauspieler mitwirkt, der mit seiner privaten Sucht nach Darstellungen von Kindesmissbrauch zum Leid unzähliger Kinder beigetragen hat. Und dieses Thema überstrahlt derzeit alles – auch für uns. Das ist jetzt wichtiger als jeder Filmpreis", betont man vonseiten der Film AG.