Leiwand ist Wien sowieso. Zum Filmfestival Viennale ist alles noch ein bisschen lei(n)wander. Ab Donnerstag werden in fünf hinreißenden, Filmhistorie atmenden Kinos die roten Teppiche ausgerollt – für den globalen Gegenwartsfilm, der selbst die entlegendsten Winkel der Erde ausleuchtet, für aufregende Wien-Premieren, haltungsstarke Positionen und vor allem für unbekannte Feinkost.


Es ist die zweite Viennale für die künstlerische Leiterin Eva Sangiorgiund dabei die erste, die ihre Handschrift deutlich sichtbar macht – insbesondere in den Spezialprogrammen, die in Monografien, Kinematografien, Historiografien und Retrospektiven gegliedert sind. Wiederentdeckt werden kann zum Beispiel das umfangreiche, aber in der Nachkriegszeit vergessene Schaffen der Wiener Filmpionierin, Regisseurin, Produzentin und Autorin Louise Kolm-Fleck (1873–1950), die sich in den 1920ern in einer männerdominierten Branche in radikaler Umsetzung an Themen wie Vergewaltigung oder Abtreibung traute. Das Filmarchiv Austria hat unbekannte Schätze von ihr ausgegraben, die nun frisch restauriert mit Begleitmusik zu sehen sein werden.

Rot-weiß-rot auf der Leinwand

Das heimische Filmschaffen ist auch gut vertreten: Jessica Hausners Cannes-Film „Little Joe“ läuft ebenso in Wien wie der Locarno-Streifen „Space Dogs“ von Elsa Kremser und Levin Peter oder die Porträts über Daniel Spoerri („Dieser Film ist ein Geschenk“) von Anja Salomonowitz oder über Johanna Dohnal („Die Dohnal“) von Sabine Derflinger.

300 Arbeiten aus 40 Ländern verweisen auf den internationalen Charakter: Regisseure wie Marco Bellocchio („Il Traditore“), die Dardenne-Brüder („Le Jeune Ahmed“), oder Nadav Lapid („Synonymes“) haben neue Arbeiten im Gepäck, Woody Allens jüngster Streich „A Rainy Day in New York“ steht auf dem Programm wie Roy Anderssons „About Endlessness“. Eröffnet wird zunächst mit dem Liebesdrama „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ von Céline Sciamma – mit Adèle Haenel, die auch nach Wien kommt.

Beschlossen wird der Filmreigen am 6. November mit der Abschlussgala, in deren Rahmen die italienische Erfolgsproduktion "Martin Eden" Österreichpremiere feiern wird. Gute Projektionen!