Harvey Keitel bleibt seiner Paraderolle als Mafioso treu: In "The Irishman" schlägt er an der Seite von Robert De Niro, Al Pacino und Joe Pesci in der Rolle des Gangsters Angelo Bruno zu. Die Netflix-Produktion von Martin Scorsese ist im Kasten, im Herbst soll sie in die Kinos kommen. Für Keitel, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, ist es die sechste Zusammenarbeit mit dem Regisseur.

Seit mehr als 50 Jahren ist der Hollywoodstar im Geschäft und hat das auch Scorsese mit zu verdanken. Eine Zeitungsanzeige brachte sie zusammen. Als junger Schauspieler habe er 1967 auf eine Annonce des damals unbekannten Regiestudenten Scorsese geantwortet. Der suchte Darsteller für seinen ersten Spielfilm "Wer klopft denn da an meine Tür?", erzählte Keitel 2016 auf dem Filmfest in Locarno, wo er mit dem "Lifetime Achievement Award" für sein Lebenswerk geehrt wurde. "Nach einigen Vorsprechproben habe ich die Rolle bekommen."

Keitel hatte anscheinend einen guten Riecher für angehende Regietalente. Er spielte auch die Hauptrolle in Ridley Scotts Erstlingsfilm "Die Duellisten" (1977) und in Quentin Tarantinos Debüt "Reservoir Dogs - Wilde Hunde", da gab er den kaltblütigen Gangster Mr. White. Tarantino holte ihn auch für seinen Klassiker "Pulp Fiction" vor die Kamera. Über Jahrzehnte war er in Hollywood abonniert auf Rollen von bestechlichen Polizisten, fiesen Verbrechern und gewalttätigen Männern. Keitels Gesicht schien perfekt: knorrig, verwittert, breite Nase, der Blick oft grimmig. In "Taxi Driver" war er der Zuhälter, in "Die letzte Versuchung Christi" der Verräter Judas, in "Bad Lieutenant" ein drogendealender Cop.

Er kann auch anders: In der Romanze "Das Piano" trat Keitel in einer seltenen Liebhaberrolle auf und zeigte, wie wandlungsfähig er ist. Holly Hunter übernahm den Part einer stummen Engländerin, die eine leidenschaftliche Affäre in Neuseeland beginnt. In Wayne Wangs "Smoke" spielte er einen menschenfreundlichen Tabakwarenhändler.

Melancholisch gab Keitel sich an der Seite von Michael Caine in dem Film "Ewige Jugend" des italienischen Oscar-Preisträgers Paolo Sorrentino. Zwei alte Freunde lassen sich bei ihrem Aufenthalt in einem Schweizer Berghotel treiben und blicken mit Wehmut und kleinen Momenten des Glücks auf ihr Leben zurück. Es geht auch lustig, wie Keitel zusammen mit De Niro in dem Comedy-Drama "The Comedian" bewies - oder als tätowierter Gefangener namens Ludwig in Wes Andersons Tragikomödie "Grand Budapest Hotel".

Keitel kam 1939 in New York zur Welt. Sein Vater stammte aus Polen, seine Mutter aus Rumänien. Nachdem er den Militärdienst absolviert und die unterschiedlichsten Jobs übernommen hatte, studierte er am Actors Studio von Lee Strasberg in New York. In Dutzenden Rollen stand er auf Bühnen, dann spielte er am Broadway in Stücken von Arthur Miller und Sam Shepard, und schließlich bei Martin Scorsese. Einen Oscar hat er nie gewonnen. Nur einmal war Keitel für Hollywoods höchsten Preis nominiert - 1992 in der Rolle des Gangsters Mickey Cohen in dem Mafia-Film "Bugsy".