Die Ära von Josef M. Doeller als Domkapellmeister von Graz war eine höchst erfüllte und erfolgreiche. Und man muss kein Prophet sein, um auch die nächste als höchst erfüllend und erfolgreich vorauszusagen. Wer Melissa Dermastia allein über Musik reden hört, der weiß: Da spricht Kompetenz, ist Tiefgang, brennt Feuer.

Eine ihrer Professorinnen in Wien empfahl ihr einst Graz als ideale Stelle, nach Doellers Pensionierung. Es war Ingrun Fußenegger, von 1998 bis 2001 in Feldkirch selbst die allererste Domkapellmeisterin in Österreich. Sie ist also „Schuld“, dass es nach der Wahl-Grazerin Andrea Fournier, seit September des Vorjahres am Salzburger Dom tätig, mit Dermastia nun eine dritte Frau in einem solchen hohen musikalischen Amt gibt.

Im Herbst 2021 bewarb sich die Kärntnerin trotz Selbstzweifel für Graz – eine Stadt, die lang nicht in ihrem Fokus gewesen war. Und setzte sich gegen 16 Bewerberinnen und Bewerber durch. Für Frauen sei es im kirchenmusikalischen Metier allerdings nach wie vor schwer, weiß die 32-Jährige, vor allem wolle man ja nicht als „Quotenfrau“ gelten und müsse „richtig gut sein“. Dass Dermastia richtig gut ist, weiß aber nicht erst die zuständige Kommission der Grazer Dommusik, weiß man nicht erst seit ihren Preisen bei nationalen und internationalen Wettbewerben.

Es zahlte sich  für die Tochter einer „Nicht-Musiker-Familie“ aus Karnburg bei Klagenfurt jedenfalls aus, dass Klavierspielen für sie in der Schulzeit „so normal war wie jede andere Hausübung“, und dass es sie so mit 13, 14 zu einem zweiten Instrument zog, „ohne damit zu viel zusätzlichen Aufwand zu haben“. Orgel hieß die „einfache“ große Verwandte des Klaviers, und es wurde bald ihre Lieblingsverwandte. Erst recht, als ihr Lehrer Klaus Kuchling am Kärntner Landeskonservatorium sie fragte: „Willst nicht Kirchenmusik studieren?