Hochexpressiv sind die Emotionen, die durch intensive und komplexe Klänge erzeugt werden. Angereichert werden diese mit Elektronik und raffinierten, verfremdeten Zitaten aus der Musikgeschichte, etwa aus einer Missa von Guillaume Duffay, die uns Johannes Kalitzke bei der Kirchen-Filmoper „Jeanne d’Arc“ (Libretto: Kristine Tornquist), ein schon im Vorjahr uraufgeführtes Auftragswerk des Carinthischen Sommers, im Congress Center Villach präsentierte.

In diesem Musikdrama verdichtet sich die zugängliche Tonsprache mit packenden Steigerungen zu einem mitreißenden Ganzen und blüht manchmal regelrecht zu hymnischen Klängen auf. Den Ausführenden gelingt es, diesen schwierigen und von ständigen Taktwechseln höchst komplex zu spielenden Passagen voll gerecht zu werden. Sie werden unter der exakten Stabführung des deutschen Komponisten sowie zwei Subdirigenten für Chor und Sängerknaben vom hochkonzentrierten und auch solistisch exzellent musizierenden Kärntner Sinfonieorchester aufgeführt.

Kalitzkes Komposition unterlegt wie eine Filmmusik meist punktgenau die Handlung des ungemein betroffen machenden Stummfilms (1928) von Carl Theodor Dreyer, der sich bei der Legende der Johanna von Orleans auf Szenen des Prozesses sowie Johannas Hinrichtung beschränkt. So plastisch, nicht zuletzt dank ständiger Perspektivenwechsel und der eindringlichen Mimik der exquisiten Schauspieler, wird der Plot im Film geschildert, dass er manchmal von der Musik ablenkt. Die drei im letzten Jahr noch konzertant aufgeführten Szenen vor, zwischen und nach dem Film wurden diesmal inszeniert: Vor drei weißen, drehbaren Häuschen,  auf einer Ebene mit dem Publikum, zeigt Kristine Tornquist eine sehr minimalistische, recht statische Inszenierung, die ein sprechender Engel (Niko Lukic) ergänzt.

„Komm Nacht, gieß deine Stille aus“ – ungemein berührend ist aber nicht nur ihr Schlussgesang, sondern die gesamte Titelrolle, die Michaela Selinger mit herrlich rundem und ausdrucksstarkem Mezzo singt. Auch die kleineren Rollen (alle werden verstärkt) sind mit Johanna Krokovay (Mutter) und Klemens Sander (Vater) gut besetzt. Mit großer Reinheit hört man vom Balkon vier St. Florianer Sängerknaben sowie den Philharmonia Chor Wien.

Viel Applaus im (coronabedingt) eher schütter besetzten Parterre des Villacher Congress Centers!

Weitere Infos zum Programm: www.carinthischersommer.at