"Faust" und kein Ende: Nach dem Burgtheater hält Goethes Drama nun im intimen Ambiente der Wiener Kammeroper Einzug. Freilich in der Veroperung durch Charles Gounod. Dessen Literaturoper wurde in heimischen Breiten lange als Sakrileg empfunden, als Trivialisierung der Deutschen Klassik, sodass das Stück nicht einmal unter dem Originaltitel "Faust", sondern als "Margarethe" zu firmieren hatte.

Tatsächlich ist das von Faust verführte Gretchen die Hauptfigur der Oper - das zeigt auch die Inszenierung des Grazer Puppenmeisters Nikolaus Habjan, der das tragische Schicksal dieser Frau besonders eindrucksvoll darstellt: Margarethe als verfolgte Unschuld, eine Frau, die ein kurzes Liebesglück mit dem Tod zu bezahlen hat.

Habjan hat einen Stil kultiviert, dessen Einfachheit und Deutlichkeit niemals simpel wirkt. Auch der "Faust" in von einem subtilen Raffinement geprägt, die Interaktion zwischen Sängern und Puppen ist dermaßen vielgestaltig, schlüssig und immer wieder überraschend originell, dass man nur mehr staunen kann. Habjan hat bezüglich "Faust" eine lange Vorgeschichte (seine Goethe-Adaption im Grazer Next Liberty wurde ja zum Dauerbrenner), und doch ist es bewunderswert, mit welcher geistigen Frische Habja seine Theaterpranke führt.

Zum Glück findet Giancarlo Rizzi am Pult des Wiener KammerOrchesters zu einer feurig-dramatischen Lesart der Musik, wobei Gounod von der Verschlankung der Orchesterbesetzung geradezu profitiert: So transparent und fein schimmernd wie hier, kommt seine Musik grandios zur Geltung. Mit Quentin Desgeorges (Faust), Dumitru Madarasan (Mephisto), Jenna Siladie (Margarethe), Kristjan Johannesson (Valentin), Juliette Mars (Martha), Ghazal Kazemi (Siebel), Benjamin Chamandy (Wagner) und der Puppenspielerin Manuela Lishalm (sie führt gemeinsam mit Madarasan den Mephisto) hat man ein junges, starkes Ensemble, aus dem Siladie noch herausragt.

Informationen zum Stück finden sie hier.