Die Musik lässt Grace Bumbry nicht los. Sechs Jahrzehnte nach ihrem Durchbruch bei den Bayreuther Festspielen ist die US-Sängerin dabei, Verdi und Wagner zu studieren. „Ich plane eine Überraschung“, sagte die Künstlerin im Vorfeld ihres 85. Geburtstag. Bumbry würde noch gerne eine Aufnahme mit Liedern der zwei Komponisten machen, verriet sie der Deutschen Presseagentur.

„Es ist erstaunlich, wie meine Stimme noch immer ...“, sagt sie und unterbricht sich. „... ich will nicht sagen, dass sie so frisch ist wie am ersten Tag, aber es ist noch immer eine sehr gute Stimme.“ An Selbstbewusstsein hat es der ausdrucksstarken Künstlerin nie gemangelt. Weltweit bekannt wurde Bumbry im Jahr 1961, als sie als erste schwarze Sängerin in Bayreuth debütierte. Nach der umjubelten Premiere des „Tannhäuser“ wurde sie in den Medien als „schwarze Venus“ tituliert. Die Kritik, der sie im Vorfeld der Premiere wegen ihrer Hautfarbe ausgesetzt war, schob sie beiseite, um sich auf ihre Rolle zu konzentrieren. „Ich habe mir damals einen Schutzmantel übergezogen“, sagt sie. Dass Festspielleiter Wieland Wagner (1917–66) hinter ihr stand, habe ihr dabei auch geholfen.

Bumbry, als Tochter einer Lehrerin und eines Frachtabfertigers bei der Eisenbahn in einer musikalischen Familie in St. Louis aufgewachsen, debütierte an den wichtigsten Bühnen, von der Londoner Royal Opera über die Mailänder Scala und die New Yorker Metropolitan Opera bis zu den Salzburger Festspielen, wo sie als temperamentvolle, aber fein nuancierte Carmen überzeugte. Bei den Proben zeigte sich Stardirigent Herbert von Karajan (1908 - 89) irritiert über den Lamborghini der jungen Sängerin – bis sie den Egozentriker und Autoliebhaber einmal eine Runde damit fahren ließ. „Danach waren wir gute Freunde.“

Heute geht Bumbry, die später Salzburg zur Wahlheimat machte, mittlerweile in Wien lebt und dort noch einige Schülerinnen und Schüler unterrichtet, selbst nicht mehr in die Oper. Einige der derzeitigen Stars seien „nicht so gut, wie sie meiner Meinung nach sein sollten“. Doch sie hat trotzdem Lieblingssängerinnen, nämlich die lettische Mezzosopranistin Elina Garanca (45) und die georgische Sopranistin Anita Ratschwelischwili (37). Bumbry beherrschte übrigens beide Stimmlagen perfekt. Aber nachdem sie die Hauptrolle in Georges Bizets „Carmen“ oft gesungen hatte und sich Stimmprobleme bemerkbar machten, rieten Ärzte ihr, in eine höhere Lage zu wechseln.

Hörtipps zu Grace Bumbry

Berühmt wurde Grace Bumbry als "schwarze Venus" in Bayreuth: 1961 konnte eine "farbige Sängerin" noch für Empörung sorgen, aber Bumbry wurde damit zu einer Pionierin für eine neue, bessere Normalität. Gerade bei Richard Wagner gab es nach Bumbry sehr viele, vor allem afroamerikanische, InterpretInnen mit dunkler Hautfarbe. Ihr fulminanter "Tannhäuser"-Auftritt von 1961 ist dokumentiert und kursiert in unterschiedlichen CD-Editionen (Orfeo, Phillips usw. und natürlich auch im Stream).

Eine Paraderolle der Bumbry ist die Prinzessin Eboli in Giuseppe Verdis "Don Carlo". Die Aufnahme unter Georg Solti ist auch abseits von Grace Bumbry fulminant besetzt: Renata Tebaldi, Carlo Bergonzi und Nikolai Ghiaurov sind zu hören. Die 1966 entstandene Decca-Aufnahme ist auf CD schwer zu bekommen, allerdings im Stream verfügbar.

Unter dem Dirigenten Herbert von Karajan hat sich Grace Bumbry als Georges Bizets "Carmen" verewigt. Der Salzburger Mitschnitt an der Seite von Jon Vickers und Mirella Freni ist nicht nur im Stream zugänglich, sondern auch auf CD erhältlich, mit Glück ergattert man auch eine neue Vinylpressung.