Auf den ersten Blick sieht es so aus, als seien die Glasfenster der Kirche Heilig Kreuz im Münchner Stadtteil Giesing mit Engelsflügeln bemalt. Doch in Wirklichkeit handelt es sich um Lungenflügel. Mehr als 1.000 Röntgenaufnahmen wurden dafür mit einem Siebdruckverfahren auf hellblaue Glasscheiben übertragen und mit blauer Farbe eingebrannt.

Mitglieder der Pfarrgemeinde hatten dafür eigene Röntgenbilder hergegeben. "Der Mensch beginnt sein Leben mit dem ersten Atemzug und beendet es mit dem letzten", erklärte der Münchner Künstler Christoph Brech sein Kunstwerk, das in dem neugotischen Kirchenbau eine besondere Atmosphäre schafft.

Die Glasfenster der Kirche Heilig Kreuz in München
Die Glasfenster der Kirche Heilig Kreuz in München © Wolfgang Pulfer

Die Kirche war ab 1866 hoch oben auf dem Giesinger Berg erbaut worden. Im Zweiten Weltkrieg wurden die bunten Glasfenster zerstört und nach 1945 ersetzt. Im Zuge der Renovierung entschied man sich, diese wieder auszutauschen und kam dabei auf Brechs Konzept. "Lungen sind neben dem Herz das Zentrum des menschlichen, irdischen Lebens. Luft zum Leben, Atmen", sagte Norbert Jocher, Hauptabteilungsleiter Kunst im Erzbischöflichen Ordinariat in München.

Durch das Aneinanderreihen Hunderter Lungenflügel würden die Unterschiede der menschlichen Anatomie erfahrbar, erläuterte Brech. Jeder Brustkorb sei einzigartig. "Und alles Äußerliche, wie zum Beispiel die Hautfarbe, ist nicht mehr erkennbar. Zu sehen sind nur die wesentlichen Organe: Lunge und Herz."

Im Siebdruckverfahren wurden die Röntgenbilder auf das Glas aufgebracht
Im Siebdruckverfahren wurden die Röntgenbilder auf das Glas aufgebracht © Wolfgang Pulfer