Er liebte Krawall und Aufmerksamkeit. Sein Sender musste anders sein als die anderen, um Erfolg zu haben. Bei Hella von Sinnen ließ er den Gästen Torten ins Gesicht klatschen, in „Tutti Frutti“ Mädchen nackten Busen zeigen, am „Heißen Stuhl“ Politiker verbal in die Mangel nehmen. „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, stand bei Helmut Thoma immer der Zuschauer im Mittelpunkt als er hemdsärmelig, locker und mit Handschlagqualität RTL zum größten und erfolgreichsten Privatsender Deutschlands formte.
Nach einer Ausbildung in einer Molkerei und der Abendmatura stieg er zum Chef der ORF-Rechtsabteilung auf, ehe er Mitte der 70-er-Jahre zum Radiosender RTL nach Luxemburg wechselte. 1984 startete er aus Luxemburg heraus die Erfolgsgeschichte von RTL, das damals noch RTLplus hieß. Mit nur sieben Mitarbeitern wurde in einer Garage TV-Programm gemacht. Hemdsärmelig, ohne Kontrolle, es gab keine Redaktion, um eingekaufte Spielfilme zu sichten. Einmal ging deshalb versehentlich sogar ein Pornofilm auf Sendung und Thoma kam ganz schön ins Schwitzen, um die heißesten Szenen während der laufenden Sendung durch vorgetäuschte Sendestörungen zu vertuschen.
Vom „25-Mann-Betrieb“ zum Branchenriesen
1989 wollte der gebürtige Wiener mit seinem TV-Sender selbst Spielfilme produzieren, erwarb vom „Bastei Lübbe“-Verlag die Rechte an den „Bergdoktor“-Romanheftchen und ließ bereits Drehbücher schreiben, als sein österreichischer Landsmann Karl Spiehs bei ihm anklopfte und die Idee zur TV-Serie „Ein Schloss am Wörthersee“ präsentierte. „Haben sie schon einmal eine Serie gedreht?“, fragte Thoma überrascht. „Nein, noch nie. Aber das ist so wie viele kleine Filme drehen, nur halt hintereinander“, antwortete der österreichische Erfolgsproduzent. „Und dann auch noch mit Roy Black?“, reagierte Thoma skeptisch. Denn Black sorgte damals nicht mit Erfolgen, sondern mit Herz- und Alkoholproblemen für Schlagzeilen. Aber Thoma vertraute immer lieber seinem Bauchgefühl als bunt geschönten Papieren. „Ein Schloss am Wörthersee“ wurde zu einem Riesenhit, der „Bergdoktor“ landete später bei SAT.1 und spielt heute bei ZDF und ORF.
Thoma schwamm gegen den Strom und musste in TV-Programm investieren, dass auf anderen Sender damals nicht ernst genommen wurde. Er investierte in Tennis-Rechte – prompt gewannen Steffi Graf und Boris Becker in Wimbledon. Er stieg in die Formel 1 ein – und sponserte Michael Schumacher als dieser noch weit davon entfernt war, Formel-1-Serienweltmeister zu werden. Er ließ „Alarm für Cobra 11“ und GZSZ („Gute Zeiten, schlechte Zeiten“) erfinden und Freund Spiehs weiter Spielfilme produzieren. „Tierärztin Christine“ mit Uschi Glas und Ernest Borgnine in Kärnten gedreht oder „Der Blaue Diamant“ mit Sonja Kirchberger und Barry Newman holten mehr als zehn Millionen Zuschauer vor die Bildschirme.
„Im Seichten kann man nicht ertrinken“, war Thomas Programmleitbild. Mit seinen kecken Sprüchen sorgte er immer für Aufmerksamkeit. „Wie schafft man es, mit drei Tönen und fünf Worten hunderte goldene Schallplatten zu gewinnen“. „Fernsehen besteht immer auch aus Voyeurismus, man kann sagen: Reality-TV ist das unsägliche Glück, bei einem Unglück dabei zu sein“. „Wenn niemand hinschaut, nennt man das Kulturprogramm“.
Thoma liebte die Schlagzeilen und Ehrungen. Er bekam die „Goldene Kamera“, den „Bambi“, den „Emmy“, Medienpreise und den Professor-Titel. Mit 60 musste er zurücktreten, die Vorschriften des Bertelsmann-Konzerns haben eine Altersgrenze für Vorstände. Thoma lebte noch eine Zeitlang in Köln, ehe er mit seiner dritten Ehefrau wieder zurück nach Wien zog und als Berater sein Wissen zum Besten gab.
Der Medienmanager starb an seinem 86. Geburtstag am 3. Mai in Wien an Herzversagen.