Garfield, Tom, Grumpy Cat. Es gibt viele berühmte Katzen. Aber nur wenige haben eine eigene Gedenktafel. Der Kater „Stiefele“, hat eine! In Lienz in Osttirol hängt seit vielen Jahren ein Schild am Volkshaus in der Beda-Weber-Gasse mit dem Bild eines Katers namens Stiefele und der Inschrift: „Du fahlsch uns“. Was frei übersetzt so viel heißt, wie: „Du fehlst uns.“ Das kleine Denkmal erinnert an den Kater Stiefele, der ein stadtbekannter Streuner war. Doch was hat es mit der Gedenktafel für den Vierbeiner auf sich?
„Der Stiefele war ein ganz besonderes Tier. Jeder bei uns in der Gegend hat ihn gekannt“, sagt Brigitte Vergeiner. Der Kater hatte quasi zwei Zuhause. Tagsüber war er oft in der Wäscherei von Brigitte Vergeiner. „Er ist bei mir am Verkaufspult gelegen und niemand hat sich aufgeregt.“
Im Gegenteil: Die Kinder von der nahegelegenen Schule seien ins Geschäft gekommen und hätten gefragt: „Dürfen wir den Stiefele streicheln?“ Alte Leute seien hereinspaziert, nur um den Stiefele zu besuchen. „Am Abend ging der Kater dann zur Familie Rossbacher heim.“ Aber am liebsten war er draußen: Der Vierbeiner, so erzählt man sich, war täglich unterwegs und flanierte gerne über den Iselsteg, das ist eine Brücke, die ins Stadtzentrum führt. Stiefele war keine Hauskatze, sondern eher eine Stadtkatze.
Gasthausbesuch
Auch Peter Unterweger hatte viele Begegnungen mit dem gewitzten Kater. „Zu Stiefeles Revier zählte unter anderem ein Kaffeehaus. Dort pflegte der Kater zu nächtlicher Stunde immer wieder einzukehren, um sich ein Blattl Schinken zu holen. Gäste haben manchmal sogar eine Schüssel Milch bestellt und diese dann dem Stiefele serviert“, weiß er. Brigitte Vergeiner sagt: „Den Stiefele hat jeder gerne gehabt. Er war wie eine Therapiekatze“. Der Name wurde ihm übrigens „wegen der weißen Pfoten gegeben, die aussahen, wie weiße Stiefelen.“
Nur die Hunde der Gegend hatten offenbar keine Freude mit dem Kater. „Einige Hunde, selbst große, hatten solche Angst vor dem Stiefele, dass sie sich nicht über die Iselsteg-Brücke getraut haben, wenn Stiefele darauf saß“, wird berichtet.
Medienstar
Der Kater war nicht nur berüchtigt, sondern auch - ein wenig - berühmt. Sogar im Buch „111 Orte in Osttirol, die man gesehen haben muss“, ist Stiefeles Geschichte nachzulesen. Und auch die Tiroler Tageszeitung hat mehrmals über den „gestiefelten Kater“ berichtet. Zum Beispiel, als dem armen Stiefele nach einem Unfall sein Schwanz amputiert werden musste. Zuvor sei das Tier bereits wegen einer Augenverletzung eine Woche beim Tierarzt gewesen, wurde berichtet. Die Ordinationsassistentin sagte damals: „So viele Besuche wie das Stiefele hatte noch keine Katze während ihres Krankenhausaufenthaltes bei uns.“
Die Fangemeinde des kleinen Stiefeles wurde von Jahr zu Jahr größer und immer wollten alle wissen, wie es dem Kater geht. Doch im Alter von 18 Jahren und nach der Amputation des Schwanzes ließen die Kräfte des stolzen Tieres nach. Und so schrieb die Tiroler Tageszeitung im Oktober 2017: „Stiefele ist nicht mehr.“
Doch seine Freunde haben den kleinen, frechen und liebenswürdigen Kater nie vergessen. Und einer seiner Fiatara - „Fütterer“ - hat sogar eine Gedenktafel für Stiefele gemacht. Darauf steht ganz groß „Stiefele“ – „immer warst Du freundlich und verlässlich da, warst Tröster, Begleiter und ein Rätsel für die Hunde. Ein echtes Lienzer Original“. Von 1999 bis 2017.