Israels Umweltministerin Gila Gamliel macht für die mysteriöse Ölkatastrophe an der Küste ihres Landes ein aus dem Iran kommendes Schiff einer libyschen Firma verantwortlich. Nach zweiwöchiger Suche sei das Schiff ausgemacht worden, das das Unglück verursacht habe, twitterte Gamliel. Es handle sich dabei nicht nur um ein Umweltverbrechen, schrieb sie, sondern um Umweltterrorismus. Gamliel erklärte bei einer Pressekonferenz, die Kommunikationssysteme des Schiffes seien ausgeschaltet worden, bevor es israelische Gewässer erreicht habe.

Das fragliche Schiff sei in "Israels Sonderwirtschaftszone eingedrungen" und habe das Meer mit Absicht verschmutzt, sagte die Verbündete von Regierungschef Benjamin Netanjahu. Das Schiff sei dann nach Syrien und wieder zurück in den Iran gefahren.

Der israelische Sender Kan berichtete laut AFP unter Berufung auf eine anonyme Quelle, dass die Auffassung der Ministerin in Geheimdienstkreisen nicht geteilt werde. 

Satellitenaufnahmen sollen dabei helfen, die Quelle des Unglücks zu identifizieren.

Die Verschmutzung der israelischen Strände ist gewaltig
Die Verschmutzung der israelischen Strände ist gewaltig © AP

"Das Meer bringt alles zurück", das wissen die Fischer in Galicien, im Nordwesten Spaniens nur zu gut. Im November 2002 geriet dort der altersschwache Tanker "Prestige", beladen mit 77.000 Tonnen Öl, vor der galicischen Küste in Seenot. Einige Tage später brach er auseinander und sank in der Nähe der spanischen Costa da Morte. Noch Jahre nach einer der schlimmsten Ölkatastrophen in der europäischen Geschichte verseuchten Fetzen von Ölteppichen die Atlantikküste vom spanischen Kap Finisterre bis nach Frankreich. Mit den Tonnen giftigen Schweröls wurde der Meeresboden großflächig verseucht und 3000 Kilometer Strandlandschaft wurden verpestet.

Erst 2016 wurde der griechische Kapitän des gesunkenen Öltankers "Prestige" wegen des Umweltvergehens durch "Leichtsinn" zu zwei Jahren Haft verurteilt. Außerdem wurden dem spanischen Staat Entschädigungszahlungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zugesprochen, für die die Reederei, deren Versicherungsgesellschaft und ein internationaler Fonds für die Begleichung von Erdölschäden aufkommen musste. Doch die Wunden dieser Ölpest sind auch fast 20 Jahre später noch nicht verheilt, die Unterwasserwelt und die Küstengebiete haben sich noch immer nicht von diesem Schock erholt. Daran denkt man unweigerlich, wenn man jetzt nach Israel blickt.

2002 vor der spanischen Küste
2002 vor der spanischen Küste © AP

Israel erlebt derzeit eine der schlimmsten Ölkatastrophen seiner Geschichte. Die stürmische See schwemmte tagelang schwarze Teerklumpen an Israels Mittelmeerküste. Shaul Goldstein, Leiter der israelischen Behörde für Umwelt und Parks, bezeichnete das Unglück in der "Times of Israel" als "Israels schlimmste ökologische Katastrophe". Die  Strände zwischen Haifa und Aschkelon sind verpestet. Damit sind über 100 Kilometer der 190 Kilometer langen israelischen Mittelmeerküste betroffen. Die Bürger wurden vom Gesundheitsministerium aufgerufen, nicht schwimmen zu gehen und nicht am Strand Sport zu treiben. Die Umweltverschmutzung könne die Gesundheit gefährden, hieß es zur Erklärung.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, Israel habe in Gesprächen mit dem südlichen Nachbarland Ägypten vorgeschlagen, dass Schiffe im Mittelmeer künftig mit umweltfreundlichem Treibstoff ausgestattet werden. "Wenn mehrere Länder zusammenarbeiten, können wir binnen weniger Jahre eine große Veränderung bewirken, sodass das Meer, das Land und die Strände sauber bleiben", sagte Netanjahu.

Die Fischer sind am Ende: Als hätten sie mit dem Corona-Jahr nicht schon genug Sorgen, kommt nun auch noch die Ölpest hinzu
Die Fischer sind am Ende: Als hätten sie mit dem Corona-Jahr nicht schon genug Sorgen, kommt nun auch noch die Ölpest hinzu © AP

Besonders betroffen von der Ölkatastrophe ist die Tierwelt. Israelische Medien gehen davon aus, dass vor der Küste des Landes Dutzende Tonnen Öl ins Meer gelaufen sind. Der griechische Öltanker "Minerva Helen" steht im Verdacht, die Umweltkatastrophe ausgelöst zu haben, die vor allem Israel, aber auch den Libanon betrifft. Die "Jerusalem Post" berichtete, dem Verdacht nach habe das griechische Schiff 50 Kilometer vor Israels Küste eine große Menge Öl verloren.

Fische verenden
Fische verenden © AP

Das griechische Schiffsunternehmen Minerva Marine hat unterdessen jegliche Verantwortung für die Ölpest im östlichen Mittelmeer zurückgewiesen.  Die "Minerva Helen" habe vom 4. Februar an eine Woche ohne Fracht vor dem ägyptischen Hafen Port Said gelegen. Am 11. Februar habe das Schiff dann im Hafen angelegt, zwei Tage darauf sei es in Richtung des ägyptischen Hafens Sidi Kerir in See gestochen. Dort habe es Fracht geladen und sei am 15. Februar in Richtung Spanien aufgebrochen. Das Schiff weise keine Schäden auf, die ein Ölleck verursachen könnten. Dies hätten auch spanische Behörden im Hafen von Cartagena, wo das Schiff sich gegenwärtig aufhalte, bestätigt.

Teerklumpen
Teerklumpen © AP

Ein israelisches Gericht in Haifa hat mittlerweile die zwischenzeitliche Nachrichtensperre - aufgrund laufender Ermittlungen - großteils wieder aufgehoben. 

Erdöl besteht aus vielen Komponenten, die teilweise schwer toxisch sind. Schwerer Ölschlick sinkt auf den Meeresgrund und verbleibt besonders lange im Ökosystem. "Die jetzt in Israel anfallenden ölverseuchten Abfälle wie Strandsedimente oder Tierkadaver müssen als Gefahrengut sachgerecht entsorgt werden. Helfer, die mit den schwarzen Schlieren in Kontakt kommen oder die Dämpfe einatmen, können sich daran vergiften. Bekannte Folgen sind unter anderem Atemwegsprobleme, Reizungen der Haut, Schleimhäute und Augen und sogar langfristige Gesundheitsschäden wie Krebs", schreibt das "Spektrum der Wissenschaft".

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Israels Trinkwasserversorgung, die fast schon zur Gänze aus Meerwasser-Entsalzungsanlagen stammt, sei aktuell nicht bedroht. Eventuelle Schäden an Fischbeständen könnten aber noch nicht abgeschätzt werden. Allerdings befürchten Experten bereits jetzt langfristige und schwer wiegende Folgen für das küstennahe Ökosystem. Ein Experte des israelischen Umweltschutzministeriums erklärte dem "Spektrum der Wissenschaft", dass von den Meeresbewohnern, die auf Felsen und in Gezeitentümpeln leben, kaum mehr als zehn Prozent so eine Ölpest überleben.