Zu Pfingsten erwacht Bibione endlich aus seinem Coronaschlaf. Seit einer Woche trudeln die ersten Gäste im bekannten Ferienort an der Oberen Adria ein. Kinder spielen in der Maisonne am weiten Sandstrand, dem größten auf der Apenninenhalbinsel.

Noch sind es Italiener, die ans Meer zurückkehren. Aber in Bibione warten alle darauf, dass die Schlagbäume im Norden hochgehen, damit bald auch Gäste von jenseits der Alpen den Weg ins östliche Veneto finden. „Wir sind zuversichtlich, dass die Grenzen geöffnet werden, sagt Giuseppe Morsanuto, Inhaber des Ristorante Al Ponte und Repräsentant des lokalen Gewerbes. „Wir zählen auf die Österreicher, allen voran die Tagesgäste aus Kärnten. Auch viele Deutsche haben bereits gebucht. Das lässt uns Hoffnung schöpfen.“

Voller Zuversicht

Auch Giuliana Basso ist voller Zuversicht. „Nach einer traurigen Zeit der Ungewissheit sehen wir endlich wieder Licht“, sagt die Präsidentin des lokalen Tourismuskonsortiums Bibione Live. „Aber wir haben nie daran gezweifelt, dass wir wieder aufsperren werden. Am Pfingstsamstag war es so weit, und das mit nur zwei Wochen Verspätung zum Termin, der ursprünglich vorgesehen war, ehe Covid-19 unsere Existenzen durcheinandergewirbelt hat.“

Vom Bangen und der Verzweiflung, die noch Mitte Mai in Bibione herrschten, ist an diesem Pfingstwochenende nichts mehr zu spüren. Hotels, Ferienanlagen und Appartements haben in den vergangenen zwei Wochen um 70 Prozent mehr Buchungen verzeichnet als in den zwei ersten Maiwochen. Das Online-Reservierungs-Portal Bibione.com kann auf 6000 Visits pro Tag verweisen – fast so gute Zahlen wie im selben Zeitraum im Vorjahr.

Wichtige Neuerungen

Bereits am vergangenen Wochenende haben der Gesundheitsdienst und die Erste Hilfe für Touristen aufgesperrt, nachdem die Gesundheitsbehörde bestätigt hatte, dass es seit einer Woche im östlichen Veneto keine Neuinfektionen mit dem Coronavirus mehr gegeben hatte.

Am Strand von Bibione gibt es freilich wichtige Neuerungen. Trotz der Ungewissheit, die lange herrschte, ist es Bibione gelungen, den Strand völlig neu zu ordnen. Seit dem gestrigen Samstag finden die Touristen drei Sorten von Sonnenschirmplätzen vor. Einen direkt am Meer mit einer Fläche von 16 Quadratmetern, einen mittelgroßen mit 32 und die Maxi-Version mit 64 Quadratmetern. Damit wurde eine völlig neue Einteilung geschaffen, die Platz für rund 9000 statt der bisherigen 18.000 Sonnenschirme bietet.

Bisher nur Italiener

Zahlreiche italienischen Familien haben bereits ihren Sommerurlaub gebucht. In vielen Fällen haben sie ihren Aufenthalt sogar um ein paar Tage verlängert. Und manche Privilegierte haben ihr Appartement gleich für die ganze Saison reserviert, um sich bis September einen Sonnenplatz zu sichern.

Natürlich gibt es viele Fragen. Eine der wichtigsten betrifft die Abstandsregeln und wie es sich vermeiden lässt, dass man sich bei großem Ansturm plötzlich auf engem Raum zusammengedrängt wiederfindet. Mit ihrer Schutzmaske gehen viele Italiener inzwischen virtuos um. Unterm Sonnenschirm und beim Bad im Meer wird man sie nicht umbinden müssen, sehr wohl aber am Strand und auf den Gehwegen, die in beide Richtungen nach Einbahnsystem angelegt sind.

Geduld ist notwendig

Und natürlich werden die Feriengäste heuer einige Geduld und Bereitschaft zur Zusammenarbeit aufbringen müssen. Das reicht von der Ankunft im Urlaubsquartier über die Reservierung von Liegeplatz und Schirm bis hin zur Weitergabe der persönlichen Daten, damit jeder Gast im Fall einer Covid-Ansteckung nachverfolgbar ist.

Am 3. Juni öffnet Italien seine Grenzen. In Bibione sind die ersten inländischen Gäste schon an den Stand zurückgekehrt
Am 3. Juni öffnet Italien seine Grenzen. In Bibione sind die ersten inländischen Gäste schon an den Stand zurückgekehrt © KK

Neu ist auch, dass für den öffentlichen Strand ab 6. Juni über eine eigene App reserviert werden muss. Der Zugang bleibt kostenlos, der Strand wird zur Sicherheit der Touristen aber überwacht. Liegen, Schirme und Kioske werden regelmäßig desinfiziert. Ebenso streng geht es in den Hotels zu, wo das Personal besonderen Schulungen unterzogen wurde. „Wir haben uns sogar mit Corona-Schnelltests ausgerüstet“, erzählt Giulio Serra vom Wellnesszentrum Bibione Thermae, das am morgigen Montag seine Reha und die Physiotherapie wieder aufsperrt.

Aufwärtstrend

Auch im nahen Lignano Sabbiadoro registriert man seit dem vorigen Wochenende einen Aufwärtstrend. „Wir starten optimistisch. Wir haben den Vorteil, dass wir die Wintermonate für die Erneuerung der Grünflächen und des städtischen Raums genutzt haben“, sagt Bürgermeister Luca Fanotto. Der durch das Virus ausgelöste Notstand sei Anlass gewesen, darüber nachzudenken, was für einen Fremdverkehr Lignano wolle. Fanotto: „Wir möchten hier künftig sicherlich besonders das neue Vertrauensverhältnis zu unseren Gästen hervorheben. Große Krisen bringen große Chancen hervor. Das ist keine Banalität!“

„Am 5. Juni kommen unsere ersten Gäste nach Lignano“, erzählt Vanni Basso, Manager der lokalen Agentur Unitas. „Wir betreiben 500 Ferienappartements, die – wie mir scheint – im heurigen Jahr zu den begehrtesten Unterkünften zählen.“

Massig Eiskugeln

Wenn das Maß für den Zulauf an die Strände Eiskugeln sind, dann entwickelt sich die Saison prächtig. „In der Vorwoche hatten wir beim Eiskonsum eine Steigerung von 300 Prozent“, berichtet Luca Michelutto von Valbella Gelati, das Restaurants, Hotels und Eissalons in Bibione und Lignano beliefert.

Alles in allem könnten bis Mitte Juni in Lignano wieder 95 Prozent aller Geschäfte aufsperren, heißt es. Dann sollten auch auf europäischer Ebene die Bedingungen fürs Reisen feststehen. Massimiliano Fedriga, der Regionalpräsident von Friaul-Julisch Venetien, glaubt allerdings nicht, dass Österreich die Grenze zu Italien bald öffnen wird. „Das ist ein Wettbewerbsnachteil für uns. Und ich wünsche mir nicht, dass irgendjemand den durch die Pandemie ausgelösten Ausnahmezustand für wirtschaftliches oder touristisches Dumping nützen will. Denn das wäre innerhalb der europäischen Regeln inakzeptabel.“ Sollte diesem Verhalten aber eine „Fehleinschätzung“ zugrunde liegen, so Fedriga, „lade ich die österreichischen Kollegen ein, sich rasch zu korrigieren“.