Frau Pluda, Herr Stadler, wie ist der EU-Entschließungsantrag zur Einführung einer Meldepflicht für Katzen und Hunde zu bewerten? Sinnvoll?
MARTINA PLUDA: "Vier Pfoten" halten ein einheitliches verpflichtendes europaweites Registrierungs- und Meldesystem für sehr sinnvoll. Im Fokus steht auch der Online-Verkauf.
JÜRGEN STADLER: Grundsätzlich hat sich die Chip- und Registrierungspflicht bei Hunden in Österreich insofern bewährt, als herrenlos aufgefundene Hunde rasch zugeordnet werden können. Allerdings nur, wenn dies auch kontrolliert wird, denn die Fundhunde, die wir hereinbekommen, sind zu einem Drittel nicht einmal gechippt, zu einem weiteren zwar gechippt, aber nicht registriert und beim restlichen Drittel ist etwa die Hälfte der Registrierungen zudem veraltet, läuft also auf vorhergehende Halter.

Wie groß ist der Aufwand für die Halter einzuschätzen? Ist das nicht noch mehr Bürokratie?
PLUDA: Die Registrierung (und auch das Chippen) nimmt der Tierarzt gegen eine Gebühr vor und ist eine Angelegenheit von wenigen Minuten. Eine Registrierung hilft nicht nur, illegalen Welpenhandel einzudämmen, sondern sorgt auch dafür, dass das Tier im Verlustfall wieder zu seinem Halter zurückfinden kann.
STADLER: Nein, denn gechippt müssen sie ja sowieso bei Grenzübertritt sein und die Registrierung in einer Datenbank wie etwa "Animal Data" dauert nur drei bis fünf Minuten. Ist die neue Meldepflicht da genug?

Was muss noch getan werden, um illegalen Händlern beizukommen? Sind die Strafen für diese Verbrecher zu niedrig?
PLUDA: Wir stimmen den Forderungen der Resolution zu. Besonders wichtig ist auch die Aufklärung der Bevölkerung, damit sie ihre Tiere nicht von unbekannten Quellen – vor allem online – kauft, sondern von registrierten Züchtern in Österreich oder noch besser Tiere aus dem Tierheim adoptiert. Die Nachfrage bestimmt den Markt. Solange Tiere verkauft werden können, werden Anbieter auch weitermachen.
STADLER: Das Problem ist, dass es keine Grenzkontrollen gibt – und auch wenn es eine gäbe, ein Importverbot aufgrund des Grundsatzes des freien Warenverkehrs rechtlich nicht haltbar wäre. Deshalb wurde ja auch bei der Tierschutzgesetzesnovelle 2017 versucht, mit anderen Verbotsformulierungen – wie etwa "öffentliches Feilbieten" oder "Handel auf öffentlichen Plätzen" – den Import einzudämmen. Das hat aber nicht funktioniert, sondern im Gegenteil die Tierschutzvereine getroffen, weil die Händler dann einfach die Tiere über im Ausland registrierte Websites oder Social Media anbieten und sie direkt nach Hause liefern. Strafen sind generell immer zu niedrig, weil sie – sofern tatsächlich ausgesprochen – nur zu einem Bruchteil der maximalen Höhe verhängt werden und von den Geschäftemachern einkalkuliert sind, falls sie sich nicht ohnehin der Verfolgung entziehen. Nur wenn es möglich wäre, auch lückenlos alle Tiere an der Grenze zu beschlagnahmen, würde sich das Geschäft nicht mehr lohnen. Und: Kranke Tiere wollen illegale Händler allein schon aus Kostengründen schnell loswerden. Besonders betroffen und gefordert sind dann Tierheime nahe der Transitgrenzen, dort werden dann immer wieder gestoppte Transporte behördlich entladen.

Auch strengere Regeln für Züchter, Händer und Tierärzte sind angedacht: Was kann man sich darunter vorstellen?
PLUDA: In einem Satz: Jede Person die im Leben des Tieres eine Rolle spielt wird dokumentiert.
STADLER: Leider wissen wir nicht genau, was hier geplant ist. Zielführend wäre natürlich eine verpflichtende Überprüfung des Chips und der korrekten Registrierung bei jedem Tierarztbesuch. Aber dubiose Züchter oder Händler haben auch ihre Tierarztpartner, die erfahrungsgemäß nicht nur bei Daten sondern auch bei den Impfungen das in den Pass reinschreiben, was ihr Geschäftspartner möchte. Und das kann ein allfälliger Kontrollor auch nicht widerlegen.

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Sollte man künftig auch Kunden, die illegal kaufen, bestrafen?
PLUDA: Unserer Ansicht nach ist hier nicht die Bestrafung wesentlich, sondern Aufklärung. „Vier Pfoten“ sehen nicht nur Tiere als Opfer der Praktiken, sondern auch Verbraucher, die über dubiose Online-Anzeigen Betrügern aufsitzen.
STADLER: Natürlich gehören alle Beteiligten zur Rechenschaft gezogen. Allerdings müsste das stets mit einer breiten Informationskampagne einhergehen.

Wie viele der illegal verkauften und oft kranken Tiere landen dann am Ende in Tierschutzeinrichtungen?
PLUDA: Hierzu gibt es leider keine seriösen Zahlen in Österreich. Wünschenswert wäre aus unserer Sicht daher generell eine österreichweite Datenbank, um die Zu- und Abgänge in Tierheimen zu monitoren.

Wie realistisch ist ein Meldesystem etwa in Südosteuropa, wo Hunde und Katzen nicht viel wert und deshalb oft Streuner sind?
PLUDA: Jede Verbesserung ist ein wichtiges Signal. Daher ist es ganz wichtig, dass es diese neue Gesetzgebung gerade in diesen Ländern gibt. Das Entscheidende ist der Vollzug der Gesetze. Das gilt nicht nur für diese Länder – da müssen wir uns alle an der Nase nehmen.
STADLER: Bestehende Streunertiere wären auch in Österreich schwer erfassbar, außer sie werden im Rahmen von Kastrationsprojekten gefangen, kastriert, gechippt und registriert, so wie die "Pfotenhilfe" es seit vielen Jahren macht. Solche Projekte gibt es immerhin vereinzelt auch in Osteuropa. Aber es stimmt natürlich, dass Tierschutz in gewissen Ländern politisch einen noch viel niedrigeren Stellenwert als hierzulande hat – und die Bevölkerung generell noch viel unsensibler gegenüber dem Tierleid ist.