Wie lange werden die Bürger von Samos die Entwicklung noch hinnehmen? Bürgermeister Georgios Stantzos ist besorgt. Immer wieder kommt es zu Spannungen zwischen Migranten oder zwischen Migranten und der Polizei. Jetzt reagiert die Regierung - und Stantzos sagt der Deutschen Presse-Agentur seine Meinung dazu.

Nur 7000 Einwohner zählt sein Heimatort Vathy - immerhin der größte der Insel Samos. Doch auf einem Hügel oberhalb von Vathy harren seit Monaten fast genau so viele Migranten im und um ein Registrierlager aus, das nur für 648 Menschen geplant war.

Was halten Sie von den Plänen Athens, die heute auf den Inseln existierenden Lager zu schließen und neue sogenannte geschlossene Camps für mindestens 5000 Menschen zu bauen?

Es kann nicht sein, dass wir hier eine ganze Stadt mit Migranten haben. Die Rede war nicht von einem Lager mit 5000 und mehr Migranten. Die Regierung hatte uns gesagt, diejenigen, die zurzeit hier sind, sollen zum Festland gebracht werden. Danach soll es ein Camp nur für 1200 Menschen geben, das etwa 5,5 Kilometer entfernt von unserer Kleinstadt liegt. Falls sie (die Regierung in Athen) auf ihren Plänen mit den 5000 und mehr Migranten besteht, werden ich und auch die meisten Mitglieder des Stadtrates zurücktreten.

Sie wollen also geschlossene Lager?

Die Lager sollen schon geschlossene Anstalten sein - nicht offene Camps. Die Nachricht an die Schleuser muss sein, dass die Grenzen besser überwacht werden und dass die Lager nicht offen sind. Dass also niemand vom ersten Tag an frei rumlaufen kann, ohne dass man ihn registriert und ohne dass man weiß, wer er ist, wo er herstammt oder wie sein Gesundheitszustand ist.

Vathy trägt wegen des starken Zustroms von Migranten eine große Last. Wie ist die Situation vor Ort?

Jetzt, wo die Tourismussaison vorbei ist, haben wir ein Verhältnis Einwohner - Migranten von eins zu eins. Das geht nicht. Das Registrierzentrum ist offen, jeder kann beliebig rein und raus. Das Lager befindet sich am Rande meiner Stadt. Wir reden praktisch von zwei Städten, die nebeneinander existieren. Damit wird die vorhandene Infrastruktur enorm belastet.

Welche Folgen hat das genau?

Wir hatten Ausschreitungen frustrierter Migranten im Oktober. Sie randalierten. Die Polizei musste hart durchgreifen. Das kann sich jeden Moment wiederholen. Jeder kleine unvorhersehbare Zwischenfall kann Schlimmes zur Folge haben. Das sage ich auch immer wieder den zuständigen Entscheidungsträgern.

Athen bringt immer mehr Migranten aufs Festland. Dennoch wird ihre Zahl auf Samos nicht weniger - warum?

Ja, das ist das Schlimme - im Moment werden Migranten einerseits von Samos zum Festland gebracht, andererseits setzen täglich neue Migranten von der Türkei zu uns über. Dieses Problem müssen die EU und die Türkei im Rahmen des Flüchtlingspakts lösen.

Hat die Flüchtlingskrise den Tourismus von Samos negativ beeinflusst?

Wir können das Problem nicht verheimlichen. Wir haben aber in keinem Fall erlaubt, dass der Tourist - unser Besucher - sich unsicher fühlt. Aber sicherlich ist es nicht das Beste für den Tourismus. Was wir erwarten ist, dass die Regierung agiert. Wir versuchen immer wieder, sowohl in Athen als auch bei der EU, auf die Lage hier aufmerksam zu machen. So kann es nicht weitergehen.