Nach den Schüssen in einer Straßenbahn im niederländischen Utrecht hofft die Polizei auf neue Erkenntnisse zum Tatmotiv. Nach seiner Festnahme am Montagabend sollte der 37 Jahre alte Hauptverdächtige weiter vernommen werden. Der gebürtige Türke Gökmen T. soll in der Großstadt südlich von Amsterdam drei Menschen erschossen haben.

Fünf weitere Fahrgäste wurden bei dem Angriff am Montag verletzt, drei von ihnen schwer. Die Polizei hält einen Terrorakt, aber auch eine Beziehungstat für möglich. An diesem Dienstag sollen die Fahnen auf öffentlichen Gebäuden in den Niederlanden auf Halbmast wehen. Auch das niederländische Parlament in Den Haag will Medienberichten zufolge der Opfer gedenken. Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders forderte auf Twitter eine Debatte im Parlament über die Schüsse. "Die Niederlande haben ein Recht auf die Wahrheit", schrieb er.

Gökmen T. war am Montagabend bei einer Wohnungsdurchsuchung in Utrecht festgenommen worden. Bei der Polizei war er bereits durch andere Delikte aus der Vergangenheit bekannt gewesen. "Wir wissen relativ viel über ihn", sagte Rutker Jeuken vom Innenministerium. Medienberichten zufolge hat T. ein langes Vorstrafenregister, wurde demnach unter anderem wegen versuchten Mords verurteilt und stand zuletzt wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs vor Gericht.

Der Vater des Tatverdächtigen, Mehmet Tanis, forderte die Bestrafung seines Sohns, sollte sich dessen Schuld erweisen, wie die türkische Nachrichtenagentur DHA meldete. Der Mann kehrte demnach nach seiner Scheidung von seiner Frau 2008 in die Türkei zurück. Die Frau und Gökmen blieben in den Niederlanden. "Wenn er es getan hat, muss er bestraft werden", zitierte DHA den Vater.

Motiv weiter unklar

Das Motiv für den Angriff in der Straßenbahn blieb zunächst weiter unklar. Jeuken sagte: "Im Augenblick denken wir, dass es ein terroristisches Motiv sein könnte, aber wir können auch anderes nicht ausschließen." Utrechts Bürgermeister Jan van Zanen hatte betont, es könne sich auch um eine Beziehungstat handeln.

Zeugen gaben unterschiedliche Hinweise zur Tat. Ein Augenzeuge sagte im NOS Radio, nach seinem Eindruck habe es der Täter gezielt auf eine Frau abgesehen gehabt. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete unter Berufung auf nicht näher benannte Verwandte von T., dass der Mann wegen einer Familienangelegenheit auf eine Frau geschossen habe. Dann habe er das Feuer auf die Menschen eröffnet, die der Frau hätten helfen wollen.

Zwei Verdächtige freigelassen

Nach Angaben von Bürgermeister Jan van Zanen sind zwei Verdächtige freigelassen worden. Es habe sich herausgestellt, dass diese beiden Männer nichts mit der Tat zu tun hätten, sagte der rechtsliberale Politiker im niederländischen Radio. Nur der Hauptverdächtige werde jetzt noch festgehalten.

Eine Polizeisprecherin sagte der Nachrichtenagentur dpa, sie könne die Freilassung der beiden Männer noch nicht bestätigen, aber der Bürgermeister habe es offenbar so mitgeteilt.

Türkei verurteilt Attentat

Die türkische Regierung hat das Attentat  scharf verurteilt. In einer in der Nacht auf Dienstag versandten Stellungnahme des Außenministeriums hieß es, die Türkei verdamme die Tat, egal, wer sie begangen habe oder welche Motivation dahinter stecke. "Angesichts dieses Angriffs stehen wir in voller Solidarität mit der niederländischen Bevölkerung und der Regierung."

Unterdessen wurden am Dienstag am Tatort, dem Platz des 24. Oktobers, Blumen niedergelegt. Die Straßenbahnen fuhren wieder normal. Ein Gymnasium in der Stadt will im Laufe des Tages des Vaters zweier Schüler gedenken, der zu den Opfern gehört.