Zwei Tage nach dem Schulmassaker auf der Krim-Halbinsel hat die Stadt Kertsch mit einer Trauerfeier Abschied von den 20 Todesopfern genommen. Auf dem zentralen Lenin-Platz standen am Freitag mit einem roten Tuch bedeckte Tische, auf denen Fotos der Getöteten aufgestellt waren. Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow legte rote Rosen vor jedem der 20 Särge nieder.

"Die jüngere Geschichte der Krim wird zweigeteilt sein: vor und nach dem 17. Oktober 2018", sagte Aksjonow in einer Ansprache. Die Zeremonie wurde von einem großen Sicherheitsaufgebot begleitet. Alle Hauptstraßen der 150.000-Einwohner-Stadt waren für den Verkehr gesperrt. Viele Einwohner waren in der Früh mit Blumen in den Händen auf dem Weg zum Lenin-Platz.

Das jüngste Todesopfer ist nach Behördenangaben 15 Jahre alt. Mehr als 40 weitere Menschen wurden verletzt, viele erlitten schwere Schuss- oder Explosionswunden. Der Zustand mehrerer Opfer wurde als "sehr ernst" beschrieben. Sechs der Verletzten wurden zur Behandlung nach Moskau geflogen und wegen Explosionsverletzungen intensivmedizinisch betreut, wie der Bürgermeister der Hauptstadt, Sergej Sobjanin, sagte.

Der 18-jährige Täter hatte sich nach dem Amoklauf in einer Schulbibliothek das Leben genommen. Die Ermittlungen zum Motiv gingen weiter.

"Erniedrigungen" durch Mitschüler

Die Ex-Freundin des Schützen  hat "Erniedrigungen" durch seine Mitschüler als mögliches Tatmotiv genannt. Der 18-Jährige habe sich für erlittenes Unrecht rächen wollen, sagte sie am Donnerstag in einem Fernsehinterview.

Russlands Staatschef Wladimir Putin bezeichnete die Tat unterdessen als Folge der "Globalisierung". An US-Schulen verübte Gewalttaten würden nachgeahmt.

Die Ex-Freundin des Schützen, die anonym bleiben wollte, schilderte dem russischen Fernsehsender RT, der 18-Jährige habe das Vertrauen in seine Klasse verloren, nachdem diese angefangen habe, "ihn zu erniedrigen, weil er nicht wie die anderen war". Er habe oft Streit mit seinem Umfeld gehabt und nicht mehr leben wollen. Während sie mit ihm zusammen gewesen sei, sei er aber hilfsbereit, "nett und sensibel" gewesen.

Zuvor hatte eine Zeitung einen Mitschüler mit den Worten zitiert, Rosljakow habe die Schule "wegen bösartiger Lehrer gehasst". Ebenso wie die Ex-Freundin schilderte auch eine Nachbarin auf RT, dass Rosljakow von klein auf von Waffen fasziniert gewesen sei.

Die Zeitung "Kommersant" schrieb, er sei in einer "ziemlich armen Familie" aufgewachsen. Der behinderte Vater habe von der Familie getrennt gelebt. Die Mutter sei bei den Zeugen Jehovas gewesen, eine in Russland als "extremistisch" eingestufte und verbotene religiöse Glaubensgemeinschaft.

Zum Tathergang berichtete "Kommersant", der 18-Jährige habe am Mittwoch an der Polytechnischen Schule in der Hafenstadt Kertsch nach Art und Weise eines "erfahrenen Kämpfers der Spezialkräfte" zunächst eine "selbstgebaute Granate geworfen, bevor er eingetreten ist und mit dem Gewehr auf die Menschen geschossen hat". Nach jüngsten Angaben des russischen Gesundheitsministeriums wurden 20 Menschen von dem Amokläufer getötet, die Mehrheit von ihnen Schüler.

Das jüngste Todesopfer ist nach Behördenangaben 15 Jahre alt, insgesamt neun waren minderjährig. Eine Schülerin sagte der Zeitung "Komsomolskaja Prawda", ihre 16-jährige Freundin Darja Schegerest sei getötet worden, als sie anderen helfen wollte. Unter den Opfern waren auch ein 57-jährige Mathematiklehrerin und ihre 26-jährige Tochter, die ebenfalls an der Schule unterrichtete. Mehr als 40 weitere Menschen wurden verletzt, viele erlitten schwere Schuss- oder Explosionswunden.