Papst Franziskus hat zu Beginn seiner Irland-Reise den Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche verurteilt. Er könne nicht umhin, "den schweren Skandal anzuerkennen, der in Irland durch den Missbrauch von Minderjährigen durch Mitglieder der Kirche verursacht wurde, die beauftragt waren, sie zu schützen und zu erziehen", sagte Franziskus am Samstag in seiner ersten Rede im Dublin Castle.

Das katholische Kirchenoberhaupt sprach unter anderem vor Mitgliedern der Regierung und Kirchenvertretern. Die zweitägige Reise findet im Rahmen des Weltfamilientreffens statt, wird aber von einer Reihe von Missbrauchsskandalen überschattet. Mit Spannung war erwartet worden, ob der Papst das Thema offen ansprechen wird.

Franziskus beklagte, dass kirchliche Autoritäten versäumt hätten, "mit diesen abscheulichen Verbrechen angemessen umzugehen". "Die Kirche in Irland hat in der Vergangenheit und in der Gegenwart eine Rolle bei der Förderung des Wohlergehens von Kindern gespielt, die nicht verdunkelt werden darf", sagte der Pontifex.

Regierungschef Leo Varadkar rief Franziskus dazu auf, seinen Einfluss zu nutzen, um für "Gerechtigkeit und Wahrheit" in den Missbrauchsfällen der katholischen Kirche in Irland und weltweit zu sorgen. Den Worten müssten Taten folgen. Die Wunden seien noch immer offen. "Wir bitten Sie, den Opfern und Überlebenden zuzuhören. Wir wissen, Sie werden das tun."

Zwei Tage in Irland

Papst Franziskus ist heute Vormittag in Irland eingetroffen. Erste Bilder zeigten, wie er das Flugzeug in Dublin verlässt. Anlass der Reise ist das neunte katholische Weltfamilientreffen, das seit Dienstag mit 37.000 Dauerteilnehmern in der irischen Hauptstadt Dublin tagt.

Begrüßt wurde der Papst nach der Landung am Samstag vom stellvertretenden Premierminister Simon Coveney. Die Planung für den ersten Besuchstag sieht eine Fahrt mit dem Papamobil durch Dublin, einen Besuch in einer Unterkunft für obdachlose Familien und am Abend einen Auftritt beim Weltfamilientreffen vor. Höhepunkt des Papstbesuchs soll eine Messe am Sonntag in Dublin sein, zu der 500.000 Menschen erwartet werden.

Vor dem Besuch war eine erneute Debatte über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche entbrannt. Während seines Aufenthalts in Irland will Franziskus auch mit Opfern zusammentreffen. Die Begegnung findet in streng privatem Rahmen statt und ist nicht im Programm angegeben.

In Irland hatte unter anderem ein staatlicher Kommissionsbericht 2009 bekanntgemacht, dass über Jahrzehnte Tausende Kinder in katholischen Einrichtungen missbraucht und misshandelt wurden. Kurz vor dem Papstbesuch in Irland forderte die weltweite Initiative "Ending Clerical Abuse" eine Reform der vatikanischen Politik im Umgang mit Missbrauch. Das Prinzip "Null Toleranz" werde nach wie vor in vielen Bistümern nicht umgesetzt.

Der irische Gesundheitsminister Simon Harris sprach von "gemischten Gefühlen" zum Papstbesuch. "Aufregung für viele, Gefühle von Schmerz für andere", schrieb er auf Twitter. Harris steht wie auch der offen homosexuelle Regierungschef Leo Varadkar für ein liberales Irland. Beide setzten sich bei einem Referendum im Mai vehement für eine Lockerung des Abtreibungsverbots in dem Land ein - und setzten sich durch.

Das weitere Programm

Am Samstagmittag wird Papst Franziskus von Irlands Staatspräsident Michael Higgins an dessen Amtssitz empfangen. Anschließend ist ein Treffen mit Premierminister Leo Varadkar und eine Rede des Papstes vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft geplant.

Am Nachmittag will Franziskus in der St.-Mary's-Kathedrale für die Missbrauchsopfer beten. Nach einem Besuch in einem von Kapuzinern betriebenen Aufnahmezentrum für obdachlose Menschen nimmt der Papst am Abend an einem "Fest der Familien" in Irlands größter Sportarena, dem Croke Park Stadium, teil.

Der Papst pflanzt einen Baum in Dublin
Der Papst pflanzt einen Baum in Dublin © AP

Zu dem Treffen mit Vorträgen und Gesängen werden rund 80.000 Teilnehmer erwartet. Es ist der erste Besuch eines katholischen Kirchenoberhaupts in Irland seit 1979.