Der im Nordirak festgenommene Ali B., dem die Tötung der 14-jährigen Susanna aus Mainz vorgeworfen wird, ist am Samstag nach Deutschland gebracht worden. "Ich bin froh, dass der von der deutschen Justiz gesuchte, mutmaßliche Täter wieder in Deutschland ist!", teilte Innenminister Horst Seehofer am Abend mit. Zuvor hatte B. laut irakischen Behörden die Vergewaltigung und Tötung Susannas gestanden.

Die beiden hätten nach B.'s Worten Alkohol getrunken und Drogen genommen, seien in Streit geraten, und B. habe Susanna erwürgt, sagte Tarek Ahmed, Polizei-Chef der nordirakischen Stadt Dohuk. Nach Angaben der deutschen Bundespolizei wollte sich B. dem Zugriff der Behörden entziehen und in ein Nachbarland des Irak absetzen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich am Rande des G-7-Gipfels in Kanada bestürzt über die Tat.

Mit Polizeihubschrauber nach Wiesbaden

Der 20-jährige Ali B. war Samstagabend mit einer Lufthansa-Maschine zum Flughafen Frankfurt gebracht worden. Von dort wurde er mit einem Hubschrauber zum Polizeipräsidium nach Wiesbaden geflogen. Auf Bildern von Reuters-TV war zu sehen, wie ein Polizei-Helikopter auf einer Rasenfläche landete, die von zahlreichen schwer bewaffneten Polizeikräften gesichert wurde. Beamte führten dann einen an Händen und Füßen gefesselten dunkelhaarigen Mann mit Dreitagebart und Bluejeans in ein Gebäude.

Die Bundespolizei erklärte, Ali B. sei von Erbil aus nach Deutschland abgeschoben worden. Nach seiner Ankunft auf dem Flughafen Frankfurt am Main habe ihn die Bundespolizei festgenommen und ihn an bereitstehende SEK-Kräfte übergeben. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden erklärte, der Verdächtige befinde sich im Polizeipräsidium Westhessen in Gewahrsam. Dort würden eine erkennungsdienstliche Behandlung und weitere polizeiliche Maßnahmen erfolgen. Es sei vorgesehen, den Mann am Sonntag im Laufe des Tages der Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Wiesbaden vorzuführen. Die Ermittlungen dauerten an.

Ali B. wollte sich aus dem Irak absetzen

Bundespolizei-Chef Dieter Romann sagte der "Bild", Ali B. habe sich noch aus dem Irak absetzen wollen. "Die kurdischen Sicherheitsbehörden konnten den mutmaßlichen Täter gestern früh um 5.20 Uhr in letzter Sekunde vorläufig festnehmen", sagte Romann. "Der Tatverdächtige hatte vor, sich in ein Nachbarland des Irak abzusetzen."

Seehofer erklärte, nun könne das Ermittlungsverfahren schnell vorangetrieben werden. "Für die Familie des Mädchens ist das nur ein schwacher Trost, und meine Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei ihnen. Für den Staat und unsere Gesellschaft ist es aber wichtig, dass Straftaten aufgeklärt und Tatverdächtige der Justiz zugeführt werden."

Dohuks Polizeichef Ahmed sagte Reuters-TV, B. habe erklärt, Susanna sei eine Freundin von ihm gewesen. "Sie haben einen Ausflug in den Wald gemacht und dort viel Alkohol getrunken und Drogen genommen." Dann sei es nach B.'s Worten zum Streit gekommen. Susanna habe versucht, die Polizei zu rufen. "Der Verdächtige bekam es mit der Angst zu tun, weil sie unter 18 ist und er wusste, dass es eine schwerwiegende Anklage geben würde, wenn die Polizei käme", sagte Ahmed. "Er versuchte, sie zu überzeugen, nicht die Polizei zu rufen. Aber sie beharrte darauf, daher erwürgte er sie und begrub sie im Dreck." Dem TV-Sender Rudaw sagte Ahmed, B. habe die Vergewaltigung und die Tötung Susannas gestanden.

Tief erschüttert

Merkel sagte, der Mord habe ganz Deutschland und auch sie tief erschüttert. Das unfassbare Leid, das der Familie und dem Opfer widerfahren sei, berühre jeden. Ein solches abscheuliches Vorkommnis sei natürlich für viele Menschen ein Grund für große Sorgen. "Wir leiden mit der Familie." Auf der anderen Seite sei dies eine Aufforderung an alle, die Integration sehr ernst zu nehmen und die hiesigen Werte auch immer wieder sehr deutlich zu machen. "Wir können nur zusammenleben, wenn wir uns gemeinsam an unsere Gesetze halten." Deshalb müsse die Justiz hier, wenn die Dinge bewiesen seien, mit Klarheit ein Urteil sprechen.

Susanna war zwei Wochen lang vermisst worden, bevor ihre Leiche am Mittwoch in einem Erdloch in Wiesbaden entdeckt wurde. Der Verdächtige lebte in einem Wiesbadener Flüchtlingsheim. Sein Asylantrag war im Dezember 2016 abgelehnt worden, wogegen er klagte. Gegen ihn laufen mehrere Verfahren, unter anderem wegen des Verdachts auf Raub. Bevor er zur Fahndung ausgeschrieben wurde, reiste der Mann nach Angaben des deutschen Innenministeriums mit seiner Familie am vergangenen Wochenende legal über den Düsseldorfer Flughafen aus und setzte sich nach Erbil im Nordirak ab. Dort wurde er auf Bitten Deutschlands durch kurdische Sicherheitskräfte festgenommen.