Hinter dem Doppelmord an einem slowakischen Aufdeckungsjournalisten und seiner Verlobten könnte nach Medienberichten ein Netzwerk der italienischen Mafia stecken. Die letzte Reportage des ermordeten Jan Kuciak sollte offensichtlich dieses komplizierte Netzwerk mit Verbindungen bis in höchste slowakische Regierungsstellen offenlegen.

Den unvollständig gebliebenen Text veröffentlichten am Mittwochmorgen mehrere slowakische Medien in Zusammenarbeit mit dem Internetportal Aktuality.sk, für das Kuciak gearbeitet hatte. Vermutungen in diese Richtung hatte Anfang der Woche auch schon Tom Nicholson, der Investigativ-Journalist der Tageszeitung "Sme", geäußert.

Nach Kuciaks Recherchen hatten sich mutmaßliche Mitglieder der kalabrischen 'Ndrangheta im Osten der Slowakei auf Steuerbetrug um fingierte Rechnungen sowie Betrügereien um EU-Förderungen spezialisiert. Sollten Kuciaks Recherchen stimmen, wäre es ihnen gelungen, Verbindungsleute bis direkt in das Büro des sozialdemokratischen Regierungschefs Robert Fico zu schleusen. Damit hätten sie Zugang zu geheimsten Staatsinformationen bekommen und wären auch bestens über geplante Sicherheitsmaßnahmen informiert gewesen.

Zusammenarbeit mit italienischen Behörden

Nach Kuciaks Recherchen soll sogar die persönliche Assistentin Ficos, Maria Troskova, vorher für italienische Unternehmer gearbeitet haben, die mit der Mafia in Verbindung und deshalb im Visier der italienischen Justiz gestanden haben sollen.

Die slowakische Polizei hatte schon vor der neuesten Veröffentlichung angekündigt, eng mit den italienischen Behörden zusammenarbeiten zu wollen. Neben den Leichen der beiden Ermordeten waren Berichten zufolge scharfe Schusspatronen zurückgelassen worden. Dies wird als Warnsignal an mögliche weitere Opfer gedeutet.

EU kündigt Kontrollen an

Nach der Ermordung des slowakischen Journalisten Jan Kuciak will auch die EU-Kommission Nachforschungen anstellen. "Wir schauen uns den Fall jetzt genau an", sagte Haushaltskommissar Günther Oettinger der "Welt" (Donnerstagausgabe) laut Vorabmeldung. In ein paar Wochen werde es über die Finanzströme und einen möglichen Missbrauch Klarheit geben.

Oettinger hält es nach eigenen Worten für möglich, dass in dem Fall Zahlungen an Landwirte oder Agrarunternehmen für kriminelle Zwecke missbraucht worden seien

Scharfe Kritik an Bluttat

EU-Parlamentschef Antonio Tajani hat den Mord an dem investigativen Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten in der Slowakei verurteilt. "Das ist ein neuer, inakzeptabler Angriff auf die Pressefreiheit, die ein Grundwert unserer Demokratie ist, nur wenige Monate nach dem tragischen Mord an der maltesischen Journalistin, Daphne Caruana Galicia", sagte Tajani Mittwoch im EU-Parlament in Brüssel.

Tajani versprach im Namen des EU-Parlaments, die Abgeordneten würden so wie im Fall der maltesischen Journalistin nicht ruhen, bis die Schuldigen vor Gericht gebracht würden. Hinter dem Doppelmord an einem slowakischen Aufdeckungsjournalisten und seiner Verlobten könnte nach Medienberichten ein Netzwerk der italienischen Mafia stecken. Nach Kuciaks Recherchen hatten sich mutmaßliche Mitglieder der kalabrischen 'Ndrangheta im Osten der Slowakei auf Steuerbetrug um fingierte Rechnungen sowie Betrügereien um EU-Förderungen spezialisiert.