Mit jeder neuen Leiche, die am Strand der spanischen Grenzstadt Ceuta an der nordafrikanischen Küste auftaucht, wächst der Druck auf Spanien, das tödliche Flüchtlingsdrama rückhaltlos aufzuklären. Die Körper von 15 afrikanischen Immigranten wurden bisher angeschwemmt, und es gibt wenig Zweifel, dass sie zu den Opfern eines schweren Grenzzwischenfalls am Morgen des 6. Februar gehören (wir berichteten). An diesem Tag hatten spanische Grenzsoldaten mit Gummigeschossen auf eine Gruppe von Flüchtlingen geschossen, die schwimmend versucht hatten, von einem nahen marokkanischen Strand aus durchs Meer nach Ceuta zu gelangen.

Spaniens Sicherheitsbehörden bestritten zunächst, dass man mit einem Hagel von Gummikugeln versucht habe, die Flüchtlinge im Wasser zurückzutreiben. Schließlich musste der konservative Innenminister Jorge Fernández Díaz doch zugeben, dass Gummigeschosse und Rauchgranaten "zur Abschreckung" gegen die schwimmenden Immigranten eingesetzt worden waren.

Der Befehl habe jedoch gelautet, dass sich "immer mehrere Meter zwischen dem Einschlag im Wasser und den Immigranten befinden müssen". Deswegen, glaubt der Minister, seien die Einwanderer nicht durch die Schüsse gestorben, sondern "durch Ertrinken".

Schrecklicher Verdacht

Doch diese Aussage scheint nicht die ganze Wahrheit zu sein. Etliche überlebende Flüchtlinge berichteten inzwischen, dass sie sehr wohl gezielt unter Beschuss genommen worden seien. Auch ihre Schwimmhilfen, zum Beispiel aufgeblasene Reifenschläuche und leere Wasserkanister, habe man zerschossen. Die im Wasser um ihr Leben Kämpfenden seien zudem von den spanischen Polizisten nicht gerettet worden. "Verletzte, Überlebende und Leichen" seien sogar von Beamten auf einem spanischen Patrouillenboot mit einer langen Stange weggestoßen worden, damit sie nicht auf die spanische Seite der Wassergrenze gelangten.

Inzwischen präsentierten Menschenrechtsgruppen Fotos von jenen Wunden, welche die spanischen Gummikugeln an Köpfen und Körpern etlicher überlebender Immigranten hinterließen, sodass sich inzwischen der Verdacht erhärtete, dass die Grenzpolizisten mit ihren Schüssen den Tod der Flüchtlinge zumindest mitverschuldet haben. Deswegen stellten spanische und marokkanische Menschenrechtler Strafanzeige gegen die Verantwortlichen dieses gewaltsamen Einsatzes, der in eine der schlimmsten Todestragödien an der Grenze Ceutas mündete.

Auch die Europäische Kommission und der Europarat haben sich eingeschaltet und forderten Spanien zu einer rückhaltlosen Aufklärung des tödlichen Zwischenfalls auf.