Es raubt einem den Atem: gigantisch, umwerfend, monströs, ein Wow-Erlebnis. Das Große Ägyptische Museum ist ein Bau der Superlative. Es ist das größte archäologische Museum der Welt. Nach vielen Schwierigkeiten und immer wieder verschobenen Eröffnungen werden nun endlich die Tore für Gäste aus aller Welt geöffnet und die ersten Besucher können am Plateau der Pyramiden von Gizeh besichtigen, was in den letzten 16 Jahren dort entstand. 

Der Weg zum Museum ist mit ägyptischem Marmor gefliest, der aus weit im Süden, aus Assuan stammt, dort wo der Nil am schönsten ist. Wer den Anstieg nicht zu Fuß machen will, kann sich in einen der Trolleys setzen, die bei den Ticketschaltern bereitstehen. Tickets müssen mit Kreditkarte bezahlt werden, an den Schaltern oder online. Man will Korruption vermeiden und die vielen windigen Händler, die bei anderen Sehenswürdigkeiten stehen und angeblich verbilligte Tickets verkaufen, die sich dann oft als Fälschung herausstellen.

Begleitet von den drei Pyramiden auf der linken Seite, spaziert man dem Haupteingang zu, der mit einem vergoldeten Dreieck willkommen heißt. Stein, Glas und Metall sind die Elemente, die die Architekten für den Bau hauptsächlich verwendet haben. Kein Plastik, keine unnötig aufgeblasenen Dekorationen: Eleganz pur. Das Architekturbüro Heneghan Peng hatte den 2002 ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen. Roisin Heneghan ist Irin, ihr Mann Shi-Fu Peng hat japanische Wurzeln, ist in New York geboren.

Die Könige warten

Wer die Eingangshalle betritt, sollte sich zunächst auf eine der unzähligen Stufen aus Granit setzen und den Raum auf sich wirken lassen. Er ist erhebend. Die Größe der Pharaonenzeit rückt näher, man taucht ein. Ramses II., dessen kolossale Statue den Besucher in seinen Bann zieht, gibt die Einführung. Den Treppenaufgang bis zur Glaswand mit Blick auf die einzig noch verbliebenen antiken Weltwunder säumen alle ägyptischen Herrscher durch alle Dynastien, die Ausstellungsräume rechts und links zeigen Details. Auch Echnaton ist dabei, obwohl der Revolutionär unter den Pharaonen noch immer umstritten ist. Als erster brach er im 14. Jahrhundert v.Chr. mit dem Götterkult seiner Vorgänger und propagierte fortan nur einen Gott – Aton.

251014 -- CAIRO, Oct. 14, 2025 -- Tourists stand around the colossus of ancient Egyptian pharaoh Ramses II at the Grand Egyptian Museum in Giza, Egypt, Oct. 14, 2025. Egypt s Grand Egyptian Museum GEM is temporarily closed to the public from Oct. 15 to Nov. 3 in preparation for its official opening, scheduled for early November, according to an announcement published Monday on the museum s official website. Ahmed Gomaa EGYPT-GIZA-GRAND EGYPTIAN MUSEUM-OFFICIAL OPENING-PREPARATION AixHamaidegema PUBLICATIONxNOTxINxCHN
Ramses II. heißt die Besucher im Großen Ägyptischen Museum willkommen. © IMAGO (2), Svensson

Auf einer Fläche von 480.000 Quadratmetern bezeugen 50.000 Ausstellungsstücke die Geschichte Ägyptens, das zeitweise in Ober- und Unterägypten geteilt, aber immer ein Nationalstaat war. Schön präsentiert nach Epochen und Zeitenwenden, bekommt der Besucher einen umfangreichen Einblick. Das neue Museum ist ein wohltuender Kontrast zum alten „Gemischtwarenladen der Antike“, wie die Kairener das Ägyptische Museum in Kairo nennen. Das platzte seit Jahren aus allen Nähten, denn nur ein Bruchteil der Artefakte konnte gezeigt werden. Ägyptologen betonten immer wieder, dass in den Kellern des Museums die eigentlichen Schätze lagerten, die aber der Öffentlichkeit wegen Platzmangels nicht zugänglich waren. Jetzt sind sie in Gizeh, zwei Kilometer westlich der Pyramiden, zu sehen. 

Kosten explodierten

Die Gesamtkosten für das Projekt der Superlative wurden anfangs auf 550 Millionen US-Dollar veranschlagt, mittlerweile liegen sie aber schon bei gut einer Milliarde, wovon 75 Prozent durch japanische Kredite finanziert wurden. Nach Angaben des Hohen Ägyptischen Antiquitätenrats wurde die verbleibende Summe durch die ägyptische Regierung sowie durch Spenden und internationale Geldgeber aufgebracht. 

Giza, Egypt, December 8 2023: The Grand Egyptian Museum GEM at night, an archaeological museum under construction in Giza, Egypt, near the Giza pyramid complex, Giza Museum, selective focus   xkwx ancient antique antiquities arch archaeological archaeology architecture art attraction background building cairo city collection column culture design dynasties egypt egyptian famous giza gold grand heritage historic historical history illustrative editorial king landmark museum old pharaoh place products pyramid pyramids sculpture sightseeing statue statues stone tourism tourist tourists travel treasure tutankhamun visitors
Ein Blick von außen © xTamer_Solimanx via imago-images

Wenn nun Staatsoberhäupter mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi das GEM, wie das Museum abgekürzt überall heißt, einweihen werden, ist Ramses der Große schon lange vor Ort. Er war der Erste, der hier Einzug hielt. 2018 wurde er aus Kairo auf die andere Seite des Nils nach Gizeh transportiert und sah fortan den Bauarbeiten zu. Aufgrund seiner Größe musste die Eingangshalle um ihn herum gebaut werden. Ramses wiegt 82 Tonnen und ist 3200 Jahre alt. Wie kein anderer prägte er die Geschichte des alten Ägypten und wird auch die Geschichte des neuen Museums prägen. Denn schon jetzt ist klar: Der große Pharao wird das meist fotografierte Motiv des Museums der Superlative.