Wie werden sich die Schwerpunkte der verschiedenen Antriebstechnologien entwickeln?
FRANK WELSCH: Wir brauchen den modernen Verbrennungsmotor unverändert als Brücke in das emissionsfreie Zeitalter. Und ohne effiziente und saubere Diesel der neuesten Generation werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Deshalb investieren wir auch in den kommenden Jahren in die kontinuierliche Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren. Um nachhaltige und bezahlbare Mobilität für viele möglich zu machen, werden wir bis auf Weiteres das gesamte Antriebsspektrum bespielen - von konventionell bis voll elektrisch.

Was treibt die Entwicklung stärker voran: Digitalisierung oder alternative Antriebe?
WELSCH: Der wesentliche Schritt ist die Digitalisierung. Das Auto wird immer mehr zu einer Art „automobilem Smartphone“, das per Update mit neuen Funktionen ausgestattet werden kann. Das ist schon eine neue automobile Welt. Dieser Schritt ist für uns viel bedeutender als der Wechsel bei den Antrieben vom Verbrennungs- zum Elektromotor.

Wie weit wird der Diesel aufgrund immer höherer Kosten - in Kleinfahrzeugen wie dem Polo - bestehen bleiben?
WELSCH: Moderne Diesel gehören mit zu den saubersten und effizientesten Triebwerken überhaupt. Allerdings wird es der Diesel in den kleineren Fahrzeugsegmenten künftig wegen der steigenden Kosten insbesondere der Abgasnachbehandlung schwerer haben.

Zur Elektrifizierung: Es gibt eine eigene Elektro-Plattform - wird man auch den Golf voll elektrifizieren, oder ist das mit der E-Plattform kein Thema mehr?
WELSCH: Die Elektrifizierung wird beim Golf der nächsten Generation den Mild-Hybrid sowie den Plug-in-Hybrid umfassen.

Welche reale Reichweite müssen E-Autos im VW-Konzern haben, damit man auch eine hohe Kundenakzeptanz erreicht?
WELSCH: Das Konzept des I.D. sieht vor, dass der Kunde unterschiedliche große Batterien ganz nach seinen individuellen Anforderungen bestellen kann. Das Reichweitenspektrum des I.D. wird nach dem neuen WLTP-Standard zwischen 330 und 500 Kilometern liegen.

Thema Wasserstoff und Brennstoffzelle: Wann wird VW sein erstes Serienfahrzeug mit dieser Technologie auf den Markt bringen - oder überlässt man wie bei den Hybriden das Feld vorerst der Konkurrenz?
WELSCH:
Volkswagen arbeitet seit Jahren an der Brennstoffzelle. Über diverse Erprobungsflotten haben wir die Funktionsfähigkeit dieser Technologie nachgewiesen. Wir beherrschen die Technologie und können für den Fall, dass die Infrastruktur bereitgestellt wird, zeitnah entsprechende Produkte auf den Markt bringen. Im Volkswagen-Konzern liegt die Entwicklungsverantwortung für dieses Innovationsfeld bei der Marke Audi.

Erdgas galt als eine gute Zwischenlösung: Bleibt es dabei, was die Marke Volkswagen betrifft?
WELSCH: In einigen Monaten wird der neue 1.5 TGI evo an den Start gehen. Mit diesem evo-Aggregat ist das Potenzial von Erdgas mit seiner hohen Oktanzahl noch besser nutzbar - und das bei weiter gestiegener Leistung. Daneben werden wir den Polo TGI und den Golf TGI von bivalent auf quasi-monovalent umstellen. Ab 2019 sind beide Fahrzeuge dann mit einer weiteren Erdgasflasche und damit einer nochmals höheren CNG-Reichweite verfügbar. Der Benzintank wird kleiner werden und damit eine erweiterte Reservefunktion gewährleisten.

In der Autobranche geht es nach den vielen negativen Schlagzeilen heute mehr denn je um Vertrauen: Wie weit können neue Antriebe die Glaubwürdigkeit einer Marke überhaupt wiederherstellen?
WELSCH: Neue Antriebsformen und technologische Kompetenz allein genügen mit Sicherheit nicht, um Vertrauen zurückzugewinnen. Wir müssen deutlich machen, dass wir aus unseren Fehlern gelernt haben. Gleichwohl werden wir dank technologischer Fortschritte die Mobilität für unsere Kunden noch einmal sicherer, sauberer und komfortabler machen. Damit - so glaube ich - wird auch die Begeisterung der Menschen für unsere Industrie wieder zunehmen.

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