Zum Auftakt des Digitalforums forderte Kunsthistoriker und Social Media-Experte Robert Seeger das Publikum auf, aus der Komfortzone zu treten: „Die Digitalisierung rocken“, lautet sein Aufruf. „Denn die Digitalisierung muss lauter und schriller werden“, so sein Appell. Allerdings reagierten noch zu viele wie ein Opossum auf damit verbundene Veränderung. „Diese Beutelratte legt sich bei einer Gefahr auf den Rücken und hofft, dass diese vorüberzieht.“ Eine Strategie, die im Kontext der Digitalisierung nicht funktionieren könne. „Wer glaubt, seine Kunden seien anders, kann sich gleich zum Sozialplan anmelden.“ Denn Veränderung geschehe exponentiell: „Ändert nicht euer Produkt, sondern passt euer Geschäftsmodell an.“

"Digitalisierung hat keine Agenda"

Eine differenzierte Betrachtung lieferte der deutsche Digitalisierungs- und Innovationsexperte Sascha Friesike: Digitalisierung selbst habe keine Agenda, Künstliche Intelligenz keinen eigenen Willen: „Es sind Menschen, die die Technologien für verschiedene Zwecke einsetzen.“ Digitalisierung vergrößere aber den Optionsraum der Gesellschaft. „Wir müssen eine Haltung entwickeln, wie wir uns darin bewegen.“ Friesike rät zur „skeptischen Neugier“, diese sei „der richtige Umgang mit Digitalisierung, der goldene Mittelweg zwischen blinder Begeisterung und strikter Ablehnung.“

Nicht nach "Moonshots" streben

Vom Streben nach sogenannten „Moonshots“, die zum „Standardrepertoire jedes Digitalisierungs-Events“ gehörten, rät er ab: Auf die großen Technologie-Sprünge, zu blicken, lenke Unternehmen vom Wesentlichen ab. Das zeige das Beispiel der vielzierten Flugtaxis: „Kein Mensch denkt mehr über simplen, aber nötigen Breitbandausbau nach, wenn man sich schon im Flugtaxi herumfliegen sieht.“ Das zeige sich auch in Organisationen, die zwar Visionen entwerfen, abwer auf das Tagesgeschäft der Digitalisierung vergessen.

Fundament statt Flüchigkeit

Friesike warnt auch vor Fehlentwicklungen im Bildungssystem: Die Erosion der Vermittlung von Grundlagen sei falsch, flüchtiges Wissen etwa über Social Media baue noch lange kein Fundament für die Zukunft auf. Wissen wachse exponentiell, dessen Einordnen werde zur wahren Herausforderung. „Nur die Information zu haben heißt ja nicht, auch den Kontext zu verstehen.“