Mit großer Spannung blicken Investoren an den Finanzmärkten diese Woche auf das Notenbankentreffen in Jackson Hole. Bei dem von einem regionalen Ableger der US-Notenbank ausgerichteten dreitägigen Symposium am Fuße der Rocky Mountains werden Signale für den weiteren geldpolitischen Kurs auf beiden Seiten des Atlantiks erwartet. Die Hauptfrage lautet: Ist der Zinsgipfel erreicht oder müssen die Zinsen noch steigen, um die Inflation in den Griff zu bekommen?

"Bei den Marktbewegungen wird sicherlich das große Stelldichein der Notenbanker in Jackson Hole ab Donnerstagabend seine Schatten vorauswerfen", prophezeit Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

Sowohl Powell als auch Lagarde bisher in Deckung

Die Konferenz von Donnerstag bis Samstag im US-Bundesstaat Wyoming verspricht besonders am Freitag ein Highlight zu werden: Zunächst spricht US-Notenbankchef Jerome Powell (ab 16.05 Uhr), später ergreift EZB-Präsidentin Christine Lagarde das Wort (ab 21.00 Uhr). Fachleute und Anleger aus aller Welt werden die Reden daraufhin durchleuchten, wie es nach der raschen Abfolge von Zinserhöhungen weiter geht. Sowohl Powell als auch Lagarde haben sich bisher bedeckt gehalten, welchen Kurs sie einschlagen wollen und verweisen unisono auf die Datenlage. Beide Notenbanken hielten ihre jüngsten geldpolitischen Sitzungen im Juli ab und kommen erst im September wieder zum Zinsentscheid zusammen.

Die Protokolle der jüngsten Sitzung der US-Notenbank Fed vom Juli zeigen, dass sich die Währungshüter in den USA noch uneins sind über den weiteren Kurs. Die meisten sehen dabei die Inflation als Hauptrisiko, das eine weitere Straffung erfordern könnte. Nun könnte Powell die Chance ergreifen, den weitgehend im Nebel stochernden Finanzmärkten einen Fingerzeig geben, wohin die Fed beim nächsten Zinsentscheid am 20. September steuert. Im vorigen Jahr hatte er das vom Fed-Bezirk Kansas City ausgerichtete Symposium dazu genutzt, einen langen Kampf gegen die Inflation auszurufen.

Wann ist der Zinsgipfel erreicht?

Ob dieser nun weitergeht oder nicht und ob nächstes Jahr womöglich schon wieder Zinssenkungen drin sind, interessiert die Börsianer weltweit brennend. Der jüngsten Reuters-Umfrage zufolge rechnen 90 Prozent oder 99 von 110 befragten Volkswirten damit, dass die Fed ihren Leitzins im September nicht antasten wird. 80 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass auch im weiteren Jahresverlauf keine Anhebung mehr ansteht. Powell hatte nach der Sitzung im Juli gesagt, im September sei eine Pause oder auch eine Erhöhung drin – je nach Datenlage.

Ähnlich hatte sich auch EZB-Präsidentin Lagarde nach der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank im Juli geäußert, die mit der neunten Zinsanhebung in Folge endete. Nur eine Senkung schloss sie aus. "Was ich versichern kann, ist, dass wir nicht senken werden, das ist ein definitives Nein." Der jüngsten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Ökonomen zufolge rechnet inzwischen eine geringe Mehrheit der Befragten – 37 von 70 Volkswirten – damit, dass die EZB auf ihrer Sitzung am 14. September eine Zinspause einlegen wird. Eine knappe Mehrheit geht allerdings davon aus, dass die EZB bis Dezember die Zinsen noch anheben wird.

EZB-Pause im September möglich

Commerzbank-Volkswirt Marco Wagner verweist darauf, dass bis zum September-Treffen noch eine Reihe wichtiger Daten veröffentlicht werden, darunter Verbrauchererwartungen und Inflationszahlen für die Eurozone. Viele dieser Daten dürften Wagner zufolge aus Sicht der EZB in die richtige Richtung gehen. "Daher bleiben wir bei unserer Prognose, dass die EZB im September die Zinsen nicht weiter erhöht" merkte er an. Denn für die Realwirtschaft nehme der Gegenwind zu. Wagner rechnet damit, dass die EZB-Volkswirte im September ihre Wachstumsprognosen für den Euro-Raum nach unten korrigieren werden.

Die Fed hatte den Leitzins auf ihrer Juli-Sitzung um einen viertel Prozentpunkt angehoben – auf die Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Es war bereits der elfte Zinsschritt nach oben seit Anfang 2022, mit dem sich die Notenbank gegen die Inflation stemmt. Die EZB hatte Ende Juli den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, ebenfalls um einen viertel Prozentpunkt auf 4,25 Prozent und den Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, auf 3,75 Prozent angehoben.