Die EZB muss aus Sicht des Deutsche-Bundesbank-Präsidenten Joachim Nagel im Kampf gegen den anhaltenden Inflationsschub auch nach ihrer jüngsten Jumbo-Zinserhöhung kräftig nachlegen. Es gebe durchaus Anzeichen dafür, dass die Inflation inzwischen schon viele Bereiche der Wirtschaft erfasse, sagte Nagel am Sonntag im Interview dem Deutschlandfunk. Daher gelte es jetzt seitens der Geldpolitik deutlich zuzufassen.

"Weitere deutliche Schritte folgen"

Der Schritt der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Donnerstag sei ein deutliches Zeichen gewesen. "Und es müssen, wie gesagt, wenn das Inflationsbild so bleibt, weitere deutliche Schritte folgen", sagte Nagel. "Auch in naher Zukunft, selbstverständlich", fügte er hinzu.

"Die Inflationsrate ist viel zu hoch", sagte Nagel. Die Geldpolitik versuche zu bewirken, dass sie sich nicht in alle Wirtschaftsbereiche stärker und stärker hineinfresse. Die Zinsen müssten daher nach oben gesetzt werden. "Und das wird noch eine Zeit lang so andauern." Die Teuerungsrate im Euro-Raum war im August auf den neuen Rekordwert von 9,1 Prozent geklettert. Damit liegt sie mehr als viermal so hoch wie das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent. In Deutschland lag die Inflation im August nach europäischer Messung bei 8,8 Prozent.

Teuerung steigt weiter an

Nagel rechnet damit, dass die Teuerung erst einmal weiter ansteigen wird. Dabei bekräftigte er für Deutschland frühere Prognosen aus einem Zeitungsinterview. "Derzeit sehen wir die Spitze im Dezember möglicherweise hier dann bei über zehn Prozent", sagte er. 2023 werde sich die Inflation wahrscheinlich etwas abschwächen. "Aber dennoch wird die Inflationsrate auch im kommenden Jahr voraussichtlich mit über sechs Prozent deutlich zu hoch liegen." Nagel rechnet auch mit einer Abkühlung der Konjunktur und schloss selbst eine Rezession nicht aus.

Nächste Zinssitzung am 27. Oktober

Die EZB hat sich am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung mit der stärksten Zinserhöhung seit der Einführung des Euro-Bargelds gegen die ausufernde Inflation gestemmt. Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde beschlossen, die Zinsen um außerordentlich kräftige 0,75 Prozentpunkte anzuheben. Dies ist bereits die zweite Zinserhöhung in Folge. Im Juli hatte die Euro-Notenbank die Zinswende eingeleitet und die Schlüsselsätze erstmals seit 2011 nach oben gesetzt. Die nächste Zinssitzung der EZB findet am 27. Oktober statt.