„Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts“. Es ist ein geflügeltes Wort, das einem schnell böse ausgelegt werden kann. In der heimischen Start-up-Szene genießt es trotzdem hohe Relevanz. Jede noch so gute Geschäftsidee stößt bei ihrer Skalierung an Grenzen, wenn das Kapital dahinter fehlt. 2021 war dahingehend ein gutes Jahr am Standort. Noch nie pumpten Geldgeber so viel Risikokapital in heimische Start-ups. Vor allem an der Finanzierungsspitze spielte es sich gewaltig ab.
Auch das heurige Jahr begann vielversprechend für die wachstumsorientierten Jungunternehmen: Start-ups wie GoStudent (Online-Nachhilfe), Getränkespezialist Waterdrop oder PlanRadar (Digitalisierung der Baubranche) sammelten zu Jahresbeginn hunderte Millionen an Euros ein. Mittlerweile stellt sich die Situation anders dar. Die anstehende Zinswende, hohe Inflation und ein in Summe eingetrübtes wirtschaftliches Umfeld wirken als Hemmschuh. Sogar vergleichsweise drastisch formulierte Wortmeldungen sind aus der Szene dieser Tage zu vernehmen.
Von einem „massiven Einbruch“ bei der Wachstumsfinanzierung durch internationale Kapitalgeber, berichtete jüngst etwa Oliver Holle vom umtriebigen Frühphasenfinanzierer Speedinvest. „Es wird eine große und schwere Delle geben“, prognostizierte auch Österreichs Investorenguru Hansi Hansmann.
Hansmann selbst stand neun lange Jahre dem Investorennetzwerk Austrian Angel Investors Association (aaia) vor, das heuer sein zehnjähriges Jubiläum feiert. Mittlerweile steht Niki Futter an der aaia-Spitze. Gemeinsam mit Kollegin Selma Prodanovic, die auch Vizepräsidentin der europäischen Business-Angel-Vereinigung EBAN ist, lotet er im Gespräch mit der Kleinen Zeitung über die nahe und ferne Start-up-Zukunft aus.
„Es wird schwieriger werden“, sagt Futter schnell – „auch Bewertungen der Start-ups werden kritischer hinterfragt“. Treffen könnte die Eintrübung vor allem Start-ups, die kurzfristige Liquidität suchen. Einen großen „Einbruch“ will der einstige Chef der Compass-Gruppe aber nicht diagnostizieren. Denn, so viel sei laut Futter gewiss: „Gute Qualität wird weiter gut finanziert werden“. Eine teilweise Kurskorrektur hätte auch „gute Seiten“, ergänzt Selma Prodanovic. Man hätte zuletzt Jungunternehmen gesehen, die binnen Monaten in Richtung „Unicorn“, also in Richtung Milliardenbewertung, unterwegs gewesen wären. Normalerweise dauere das „zwischen sieben und neun Jahre“.
Risikokapitalgebern empfehlen die beiden übrigens Investments prinzipiell erst ab „300.000 Euro freier Liquidität“. Nur so könne man die notwendige Diversifizierung schaffen. Futter: „Ich rate, nicht alles auf eine Karte zu setzen. In dem Umfeld, in dem wir investieren, wäre das sehr gefährlich.“ Kein gutes Haar lassen Futter und Prodanovic an der heimischen Politik. Deren Aussagen seien in der Vergangenheit „eher dazu angetan gewesen, uns ruhig zu stellen“, lassen die Investoren wissen. In der Realität spiele sich „wenig ab“.