Der deutsche Lokführerstreik kann nach einer erneuten Niederlage der Deutschen Bahn vor Gericht wie geplant bis Dienstag in der Früh weitergehen. Das hessische Landesarbeitsgericht hat am Freitag die Berufung der Deutschen Bahn zurückgewiesen, mit der der Staatskonzern den Arbeitskampf der Gewerkschaft GDL stoppen wollte. Die Bahn wirft der Gewerkschaft vor, mit dem Streik nicht nur bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen zu wollen, sondern auch politische Ziele zu verfolgen.

Einen Eilantrag dazu hatte schon am Donnerstagabend in erster Instanz das Arbeitsgericht Frankfurt am Main abgewiesen. Vor der Berufungsverhandlung hatte die Bahn bekräftigt, dass sie ihren Kunden den Gang in die zweite Instanz schuldig sei. "Im Moment werden Millionen von Fahrgästen Opfer der Machtinteressen der GDL", sagte ein Bahn-Sprecher im "Inforadio". Auf die Frage, ob die Deutsche Bahn ein neues Angebot vorlegen werde, sagte er, es sei vielmehr an der Gewerkschaft an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sie habe sich - anders als die Bahn - keinen Millimeter bewegt. "Die GDL kann hier kein Tarifdiktat durchziehen." Die Deutsche Bahn prüft nun vor Gericht, ob sie die Lokführergewerkschaft GDL für die wiederholten Streiks auf Schadenersatz verklagt. Das sagte eine Sprecherin am Freitag in Frankfurt/Main.

"Totale Kompromisslosigkeit"

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler sagte in einer Mitteilung: "Wir haben im Interesse unserer Kunden alles unternommen, damit die GDL ihre Blockade der Tarifverhandlungen aufgibt." Er äußerte die Sorge, dass die Tarifrunde der Tarifautonomie in Deutschland schaden könnte. "Statt zu verhandeln, versucht die GDL ein Tarif-Diktat durchzusetzen." Ihre totale Kompromisslosigkeit sei mit der Verantwortung von Tarifpartnern nicht vereinbar.

Das Tarifeinheitsgesetz, das bestimmt, dass in jedem Unternehmen nur eine Gewerkschaft das Sagen hat, dürfte aber wegen der aktuellen Lage bei der Deutschen Bahn nicht geändert werden. Eine Sprecherin von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte am Freitag in Berlin, das Gesetz sei nie dafür vorgesehen gewesen, Streiks zu verhindern, sondern Kooperationen von Gewerkschaften zu ermöglichen. Dies habe sehr gut geklappt, für lange Zeit auch innerhalb der Bahn. Das Arbeitsministerium sehe keinen Änderungsbedarf.

Grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehr betroffen

Unterdessen kommt es auch am zweiten Streiktag zu massiven Ausfällen. So stehen nach Bahn-Angaben rund 75 Prozent der Züge im Fernverkehr still. Im Regional- und S-Bahnverkehr fallen demnach im Vergleich zum regulären Fahrplan rund 60 Prozent der Züge aus. In Österreich sind die ÖBB im grenzüberschreitenden Güter- und Personenverkehr mitbetroffen.