Heute vor genau 25 Jahren stimmten die Österreicher in einer Volksabstimmung mit 66,6 Prozent für den Beitritt zur EU. Wie erlebten Sie den Tag?
BRIGITTE EDERER: Ich war wie in Trance, wie auf einer Wolke. Wie vorher nur bei der Matura.

Wobei uns die EU nicht auf Wolken bettete. Kommissionspräsident Jacques Delors wollte Österreich „kein Menü à la carte“ geben.
Frankreich hatte mit uns ein Problem, weil wir neutral und gegen Atomkraft waren. Und es hatte nach der deutschen Vereinigung Sorge vor einem dritten deutschen Staat in die EU.

Die harten Verhandlungsthemen waren aber andere. Landwirtschaft, Transitvertrag. In Tirol fiel das Votum für die EU mit 56,7 Prozent am geringsten aus.
Am Transit wäre das Ganze am ehesten gescheitert. Da gingen alle Vorstellungen an Grenzen.

Die Grünen stimmten im Parlament dagegen, einschließlich unseres Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, damals aus Umweltbedenken in der EU.

Vor allem Hannes Voggenhuber war massiv dagegen. Die Grünen sahen die EU als Gebilde der Wirtschaft, nicht der Menschen, als regiere das Kapital.

Bei der FPÖ führte Jörg Haider die EU-Gegner an. Kärnten hatte dennoch mit 68,2 Prozent nach Burgenland mit 74,4 Prozent und der Steiermark mit 68,9 Prozent die dritthöchste EU-Zustimmung.
Dabei war die FPÖ in den 60er- und 70er-Jahren die einzige wirkliche Pro-EU-Partei. Die ÖVP hatte eher wegen der Bauern Bedenken. Dass Haider mit spanischen Filzläusen für Lebensmittelfarbe und Blutschokolade überzog, hat bei der Abstimmung am Ende geholfen.

Von SPÖ und ÖVP war es der letzte Kraftakt der Großen Koalition?
Ja, ein Grund der Zustimmung war, dass die Menschen spürten, dass wir nicht streiten. Das bewegendste Zeichen war, wie Alois Mock mich zum Abschluss der Verhandlung küsste. Das war für ihn unüblich.

Sie versprachen den Leuten einen Tausender mehr im Einkaufswagerl. Der Ederer-Tausender hängt Ihnen bis heute nach.
Es gab Berechnungen, dass die Preise für eine vierköpfige Familie um 1000 Schilling sinken würden. Es gab aber im Jänner 1995 eine Gebührenerhöhung, was dann vermengt wurde. Studien haben den Tausender längst belegt. Nach dem EU-Beitritt wurden viele Lebensmittel schlagartig günstiger.

EU-Reform – wobei und wie?
In der Außen- und Sicherheitspolitik muss man die Einstimmigkeit infrage stellen. Es braucht auch mehr Industriepolitik, um sich gegenüber USA und China zu behaupten.